Ausstellung:Feinsinniger Umgang mit dem Licht

Ausstellung: Antiker Sehnsuchtsort in Italien: Ferdinand Knabs "Tempelruine", entstanden im Jahr 1894.

Antiker Sehnsuchtsort in Italien: Ferdinand Knabs "Tempelruine", entstanden im Jahr 1894.

(Foto: Winfried Berberich, Kunstschaetzverlag Gerchsheim)

Eine sehenswerte Schau über die romantische Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts im Museum des Würzburger Kulturspeichers

Von Florian Welle, Würzburg

Der Winter hat Deutschland gerade fest im Griff, und so spricht uns der Maler August Christian Geist mit den Worten aus unserer Seele, die er 1867 unmittelbar nach der Rückkehr aus Italien seinem Tagebuch anvertraute: "Oh Italia! Die zauberischen Orte alle strahlen im Glanze vollsten und wärmsten Lichtes, während hier im nordischen Barbarenland das gleichförmige Grau, nasse Kälte, trister Himmel schon Herrschaft halten! (...) Meine Gedanken aber fliegen hinüber zum Land der Sonne, der herrlichen Farbe und freien Schönheit, zum Lande der Kunst und der Künstler."

Wer sich angesichts von Frost und Schnee nach sommerlichen Temperaturen sehnt und nicht die Möglichkeit besitzt, in wärmere Gefilde zu entfliehen, dem bietet sich gerade im Museum im Würzburger Kulturspeicher die schöne Gelegenheit, zumindest gedanklich in die Ferne zu schweifen. Dort nimmt die großzügig gehängte Ausstellung "Sehnsucht. Landschaft. Würzburg und die romantische Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts" den Besucher mit auf eine Reise, die von der Domstadt über das Voralpenland bis nach Neapel und Málaga führt. Wegweiser, von Kurator Nico Kirchberger zentral im ersten Ausstellungsraum postiert, informieren uns, dass man seinerzeit in die Hauptstadt Kampaniens elf Tage benötigte - nach Málaga gar 19 Tage - und erinnern uns so ganz nebenbei, was es einst hieß, die Heimat zum Zwecke der Bildung (und des Vergnügens) zu verlassen.

Die Italienreise war fester Bestandteil der adeligen Grand Tour, und keinesfalls ebbte die Begeisterung für das Land im 19. Jahrhundert ab. Immer mehr Bildungsbürger machten sich auf in das Land, wo die Zitronen blühn, allen voran Künstler. Vier von ihnen kann man in der Ausstellung nicht nur begegnen, sondern wohl auch entdecken. Denn Hand aufs Herz: Wem sind die Würzburger Maler Franz Leinecker (1825-1917), August Christian Geist (1835-1868), Ferdinand Knab (1834-1902) und Fritz Bamberger (1814-1873) schon vertraut? Letzterer vielleicht noch am ehesten, erarbeitete sich Bamberger doch mit seinen auf drei ausgedehnten Spanienreisen (1849, 1857 und zuletzt 1868) entstandenen, an der Kunst eines Carl Rottmann geschulten Werken ein Alleinstellungsmerkmal, das bedeutende Sammler der Zeit aufhorchen ließ. So erwarb etwa Graf von Schack sieben Gemälde von Bamberger für seine Sammlung, von denen nun das imposante "Abendglühn in der Sierra Nevada" von 1863 als Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen nach Würzburg gewandert ist.

Der Blick des Betrachters folgt einem verschatteten Weg im Bildvordergrund, bis er gleichsam von einem gewaltig aufragenden, in rötliches Licht getauchten Felsmassiv gestoppt wird. Über der Gebirgsszenerie erstreckt sich ein tiefblauer, große Ruhe ausstrahlender Himmel mit einer Mondsichel, die die herannahende Nacht ankündigt. Interessant ist es, in Bambergers "Abendglühn" Parallelen aufzuspüren zu dem räumlich getrennt gehängten Bild Carl Rottmanns "Hoher Gröll mit dem Hintersee" aus dem Jahr 1846, das ebenfalls als Leihgabe die Ausstellung bereichert. Das Gros der ausgestellten Werke stammt indes aus dem hauseigenen Bestand, darunter viele, die im Depot gelagert waren und noch nie gezeigt worden sind. Bambergers sublimen Umgang mit Licht kann man auch auf dem großformatigen Gemälde "Der Albufera-See bei Valencia" studieren. Dort brechen Wolken das Licht der Sonne derart, dass der im Bildmittelpunkt angeordnete See zu glitzern beginnt. Aber auch schon in den luftigen Bildern vom Starnberger See zeigt sich sein Talent für Bild- und Lichtregie. Bamberger wurde 1871 zum Königlichen Professor und ein Jahr später zum Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste ernannt.

Während die Arbeiten von Franz Leinecker vor allem grafisch von Interesse sind - etwa die panoramaartige Lithografie "Das Mainviertel von Würzburg und dessen Umgebung" -, sind seine idealisierenden, um die Jahrhundertwende entstandenen Ansichten aus Italien arg gefällig und scheinen wie aus der Zeit gefallen, bedenkt man die zeitgleichen künstlerischen Entwicklungen der Avantgarde. Gleichwohl befriedigten Leineckers Arbeiten das Bedürfnis vieler Zeitgenossen nach rückwärtsgewandter Idylle angesichts der sich vollziehenden rasanten Verwandlung der Welt. Sehnsucht Landschaft eben. Wesentlich aufregender hingegen ist das Werk von Ferdinand Knab irgendwo zwischen Schein und Sein, antiker, von Italienaufenthalten inspirierter Ruinen- und Traumlandschaft, das Geheimnisse zu bergen scheint. Dass ihn König Ludwig II. zum Hofmaler berief, wird unmittelbar verständlich, wenn man sich Gemälde wie das blätterumrankte "Parktor" (1881) oder die verwunschene "Tempelruine" (1894) anschaut. Kurator Nico Kirchberger wird demnächst Würzburg verlassen und die "Sammlung Grafik/Gemälde" am Münchner Stadtmuseum leiten.

Sehnsucht. Landschaft. Würzburg und die romantische Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts; Museum im Kulturspeicher; bis 2. April. Di 13-18 Uhr, Mi 11-18 Uhr, Do 11-19 Uhr Fr, Sa u. So 11-18 Uhr. Katalog (Deutscher Kunstverlag), 19,90 Euro

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: