Ausstellung:Fabelhaft reich

Ausstellung: Lukas Cranach d. Ä.: Die Heilige Barbara, um 1530.

Lukas Cranach d. Ä.: Die Heilige Barbara, um 1530.

(Foto: Archiv Museum Würth)

Die Sammlung Würth, eine der vielfältigsten Gemälde-, Skulpturen- und Kunstkollektionen in Deutschland, begeistert im Berliner Martin-Gropius-Bau. Höhepunkt ist die Darmstädter Madonna von Hans Holbein d. J.

Von Stephan Speicher

"Von Hockney bis Holbein" heißt die Präsentation der Sammlung Würth im Berliner Gropiusbau. Damit ist beides bezeichnet: der Anspruch, Kunst aus fünf Jahrhunderten zu zeigen, und der Verzicht auf den Anspruch, dies in bekannter Form zu tun, im Nachvollzug historischer Entwicklung. Die klassische Moderne ist nicht üppig vertreten, Würth hielt schon früh die Preise für überhöht. Aber er hat sechs Bilder Max Beckmanns gekauft, darunter den großartigen "Halbakt mit Katze", so derb wie zart, oder die strahlend-unheimliche Küstenlandschaft der "Corniche". Unter den Picassos sticht der "Mann mit Schwert" hervor, über dem leuchtend gestreiften Wams der runde, ratlos lächelnde Kopf. Max Ernst ist reich vertreten, Würth hat die große Sammlung der Lufthansa übernommen.

Zur südwestdeutschen Ecke gehören Willi Baumeister und Oskar Schlemmer mit Figurinen zum Triadischen Ballett. Große Bedeutung hat die Skulptur der Nachkriegszeit, Henry Moore empfängt den Besucher im Atrium. Dann die rohen Plastiken Eduardo Chillidas und Max Bills elegant polierte Objekte. Im ersten Stock, vor den Fenstern zum Abgeordnetenhaus, arbeiten Tinguelys "Philosophen" vor sich hin. Im Lichthof hat Anthony Caros "The Last Judgement" Platz gefunden.

Dann die alte Kunst, Kunstkammerkunst: Die Heilige Familie, ein Gipsrelief Hans Dauchers, ist vielleicht nicht dessen technisch beste Arbeit, aber der Schwung der kleinen Gruppe unter der prächtigen Renaissance-Arkatur macht Freude. Vor einigen Jahren übernahm Würth die Gemäldesammlung der Fürsten zu Fürstenberg, etwa das großartige Porträt des Johann von Montfort-Rothenfels von Bernhard Strigel. Zuletzt, als Höhepunkt der Ausstellung inszeniert, die "Darmstädter Madonna" Hans Holbeins. Die Stifterfiguren haben den realistischen Zug, den man lange der deutschen Kunst im Unterschied zur italienischen zuschrieb. Doch auch das Kind auf dem Arm der Madonna ist unideal aufgefasst. Es wirkt unglücklich, die Mundwinkel sind heruntergezogen. Warum streckt es den linken Arm mit aufgerichteter Handfläche dem Betrachter entgegen? Ängstlich? Abwehrend? Segnend wohl nicht. Warum weist der nackte Knabe am unteren Bildrand, wahrscheinlich Johannes der Täufer, auf die große Falte im Teppich, auf dem die Madonna steht? Schöner, rätselhafter, kann ein Ausstellungsparcour nicht enden.

Von Hockney bis Holbein. Martin-Gropius-Bau, Berlin. Bis 10. Januar 2016. Katalog 32 Euro.

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