Ausstellung:Ein Paar, das keines war

Das Schlossmuseum Murnau spannt in der Ausstellung "Der Architekt und die Künstlerin" Hugo Wach und Wanda Zeigner-Ebel zusammen

Von Sabine Reithmaier

Die Lebenslinien Hugo Wachs und Wanda Zeigner-Ebels haben sich nicht oft gekreuzt. Zumindest ist über ihre Begegnungen kaum etwas bekannt. Trotzdem unternimmt das Schlossmuseum Murnau den Versuch, den Architekten und die Buchillustratorin gemeinsam vorzustellen. Beide sind längst vergessen, Das ist schade und auch ungerecht, wie die anrührende Sonderausstellung klarmacht.

Hugo Wach, 1872 in Tübingen geboren, ist ein Enkel des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy. Nach Murnau kam er 1921, weil er sich dort ein leer stehendes Atelierhaus kaufte. Die folgenden 15 Jahre baute er es um, kreierte, angeregt von seinen vielen Reisen, eine Art englisches Landhaus mit Türmchen, japanischer Brücke und einen Pavillon mit Alhambra-Decke. Mit diesem Gesamtkunstwerk, das noch immer existiert, setzt die Ausstellung ein. Wach war damals Professor für Ornamentik an der TU Berlin, ein viel gereister, wissbegieriger Mann, wie seine Zeichnungen dokumentieren.

Sein architektonisches Meisterwerk hatte er bereits Jahre zuvor geschaffen: die Agfa-Filmfabrik in Wolfen-Bitterfeld, heute ein Industriedenkmal. Gerade zwei Jahre hat er als Architekt gearbeitet, als er 1909 diesen Großauftrag mitten in der sächsischen Provinz erhält. Er entwirft elf große Gebäude, dazu noch eine Werkssiedlung. Das Riesenprojekt verdankt er vermutlich auch familiären Beziehungen. Der Chemiker Paul Mendelssohn-Bartholdy, sein Onkel, war seit 1873 Direktor der Agfa, ursprünglich eine Gesellschaft für Anilinfabrikate.

Freilich, die Gebäude, die Wach in aquarellierten Zeichnungen festhält und die auch historische Fotos zeigen, erinnern mit ihren dekorativ geschwungenen Fassaden nicht an eine Fabrik. Jugendstil und Historismus verdecken charmant die Zweckmäßigkeit der Produktionsbauten. Das Casino wirkt sogar wie ein Barockschlösschen.

Wach hat auch noch andere Projekte. So baut er 1913 in Radebeul die Villa seines älteren Bruders Felix um. Dort arbeitet er erstmals mit Wanda Ebel zusammen, die für die Villa zwei Teetischchen entwirft. Die 1894 geborene Hamburgerin studiert noch an der Akademie für Grafische Künste in Leipzig. Zwei Jahre später heiratet Wanda Ebel den Künstler Fritz Zeigner, der im Juli 1916 an der Westfront schwer verletzt wird und im August stirbt. Wanda erkrankt psychisch. Trotzdem erfindet sie hinreißende Illustrationen zu den Märchen von Hans Christian Andersen, fertigt bezaubernde Stickereien, taucht in zahlreichen Fachzeitschriften auf. Doch dann diagnostiziert ein Arzt Schizophrenie, und sie landet für die nächsten 16 Jahre in Nervenheilanstalten. Richard Arwed Pfeiler verwendet die begabte junge Frau 1924 als Beispiel in seinem Buch "Der Geisteskranke und sein Werk".

Hugo Wach scheint sie wohl wieder getroffen zu haben. Nur aus einem Brief, der unscheinbar in einer Vitrine liegt, erfährt man, dass sie, "ein hypernervöses Geschöpf", wohl später unglücklich verliebt in ihn war. Wach aber lebt mit seiner Haushälterin, die auch Muse und Modell ist, seit 1935 ganz in Murnau. Seine Stelle hat der jüdische Professor verloren. Er stirbt 1939 und bedenkt in seinem Testament Wanda mit seiner ostasiatischen Kunst, verfügt, dass die von ihr gemalten Bilder in seinem Besitz zurückgegeben werden sollen. Wanda stirbt 1970 in einem Heim. An ihre frühen Erfolge konnte sie nie mehr anknüpfen.

Der Architekt und die Künstlerin, bis 28.2., Di bis So. 10-17 Uhr, Schlossmuseum Murnau, Schlosshof 2-5, 08841/ 476-207

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