Ausstellung:Der Träumer

Ein einziges Motiv machte den Maler Francesco Hayez berühmt: "Der Kuss". Nun sind seine Werke in Mailand zu sehen.

Von THOMAS STEINFELD

Vor einigen Wochen erschien in Italien ein Buch, das geeignet ist, die Geschichte der Bilder, die man sich in nördlichen Ländern vom Süden machte und noch immer macht, in einem anderen Licht erscheinen zu lassen: Die Monografie "Terre senz' ombra" ("Landstriche ohne Schatten", Adelphi 2015) der Kunsthistorikerin Anna Ottani Cavina handelt von der Gestaltung der italienischen Landschaft durch die von jenseits der Alpen kommenden Künstler, davon also, wie diese das Bild Italiens veränderten - in den Ländern, aus denen sie kamen, aber auch in Italien selber. Und sie handelt von den kleinen und größeren Erfindungen, die in diese Veränderungen eingingen. Oder wie kommt es, dass die Landschaft um Rom bei Nicolas Poussin, also im 17. Jahrhundert, von mächtigen Eichen beherrscht wird, im 19. Jahrhundert aber von Zypressen? Und wie kommt es, dass es die hohen, schmalen und dunklen Bäume sind, von denen jenes Bild bis heute geprägt wird? Und seltsam auch: Den stärksten Eindruck in diesem Werk, in dem viele berühmte Gemälde gezeigt werden, hinterlassen die Bilder neapolitanischer Hauswände, die der wenig bekannte walisische Maler Thomas Jones (1742 bis 1803) anfertigte. Wenn der Putz von den Mauern fällt und sich das Weißgelb der Steine schroff vom Dunkelblau des Himmels absetzt, erscheint das Bild nicht nur einer Landschaft, sondern auch einer Gesellschaft, das nach wie vor für Italien steht. Es ist von scheinbar natürlicher Schlichtheit, und selbstverständlich sorgt die Sonne für Licht und scharfe Schatten.

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