Ausstellung:Beckett in Marbach

der Austellung „German Fever. Samuel Becket in Deutschland“ in Marbach
(Foto: Jerry Bauer)

Samuel Beckett war begeistert von Karl Valentins Humor aber wurde mit München nicht wirklich warm - "perhaps it is the Föhn". Eine Ausstellung in Marbach zeichnet sein inniges Verhältnis zu Deutschland nach.

Von Willi Winkler

Im Jahr 1935 reist Samuel Beckett nach Deutschland und wird sofort vom German Fever gepackt. Er besucht die Museen, arbeitet an seiner Sprachkompetenz, notiert sich Redensarten der Eingeborenen: "Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei." Ein erstes Stück entsteht, "Mittelalterliches Dreieck", offenbar eine ziemlich üble Ritterei, aber immerhin auf Deutsch: "Die ganze Nacht hab' ich gefochten, den ganzen Tag dich gesucht." Bereits Verweilform, aber noch nicht ganz "Warten auf Godot". In Hamburg bleibt er länger, auch in Berlin, besucht Dresden, und stellt in München fest, dass jeder zweite mit Rilke bekannt ist. Warm wird er trotz Hofbräuhaus nicht mit der Stadt, "perhaps it is the Föhn!" Dass er den klassizistischen Dichter Hans Carossa "bloody awful" findet, spricht für Becketts Kunstgeschmack und auch, dass er in Karl Valentin den "erstrangigen Komödianten" erkennt. Die kleine Ausstellung im Deutschen Literaturarchiv in Marbach (noch bis zum 14. Oktober) zeichnet dokumentenstark Becketts Verbindung zu Deutschland nach, die nach dem Krieg durch Peter Suhrkamp und seinen Verlag gefestigt wird. "Godot" erscheint dreisprachig (englisch, französisch, deutsch), und Beckett redigiert mit der Freude des Wort- und Silbenklaubers. Suhrkamp meldet ihm, dass der Übersetzer Erich Franzen nach einem Beckett-Roman fürchtet, bei weiterer Beckett-Arbeit "um seine Person zu kommen", was Beckett gut versteht und trotzdem munter weiter redigiert. Für Unseld wird Beckett der liebste und vollkommenste Autor, wie er ausgerechnet einem ähnlich anspruchsvollen mitteilt, Thomas Bernhard. Auf einer Postkarte von 1973 schreibt die "Pariser Eich-Gemeinde" an den Dichter Günter Eich nach Großgmain. Unterschrieben haben neben Unseld und Beckett auch Werner Spies und Peter Handke. Auf einer seiner letzten Karten an einen Rundfunk-Regisseur der mehrere Beckett-Werke zur Uraufführung brachte, referiert er das Bulletin der Ärzte: "Scant expectations" (keine guten Aussichten) und setzt auf Deutsch hinterher: "Ach was." Und noch eine quasideutsche Redensart, von Beckett notiert und aufgehoben für alle Zeit im Deutschen Literaturarchiv, "die Merde hat mich wieder".

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