Augsburg:Treffer gelandet

Augsburg: Tanz mit dem Duschtuch: Uli Scherbel, Eva Kuperion, Katja Berg und Wiard Witholt (von links).

Tanz mit dem Duschtuch: Uli Scherbel, Eva Kuperion, Katja Berg und Wiard Witholt (von links).

(Foto: Jan-Pieter Fuhr)

Fußball-Operette "Roxy und ihr Wunderteam" im Theater

Von Klaus Kalchschmid, Augsburg

Fußballer, die so gut steppen können und Tänzer, die so geschickt den Ball kicken können - das gibt es nur auf der Bühne wie jetzt in Augsburg. Paul Abrahams Operette "Roxy und ihr Wunderteam" eroberte 1936 unter dem Titel "3:1 für die Liebe" zuerst Budapest (da waren es noch Wasserballer) und dann von 1937 an mit 100 Aufführungen Wien; ein Jahr später gab es eine reizvolle Verfilmung. Doch erst 2014 erlebte die Vaudeville-Operette mit ihren zündenden, oft dem Musical und späterer Filmmusik nahen Musiknummern wie "Einmal wird das Wunder geschehen" oder "Hipp, hurra, das Wunderteam ist da" ihre deutsche Erstaufführung in Dortmund. Während da das Geschehen effektvoll in den Dreißigerjahren verblieb, gab Regisseur Martin G. Berger in der Ausstattung von Sarah-Katharina Karl (Bühne) und Silke Bornkamp (Kostüme) dem Ganzen nun eine Rahmenhandlung, die während des Abends dank munter umgeschriebener Dialoge immer wieder in das originale Geschehen hineinspielt.

Die Aufführung beginnt mit einer im Fernsehen live übertragenen DFB-Gala, die das Publikum wie im Studio miterlebt, aber auch via Fernsehbildschirmen rechts und links der Bühne in der Ausweichspielstätte des Martini-Parks, wo es keinen richtigen Orchestergraben gibt, verfolgen kann. Diesmal ist das Orchester auf die Hinterbühne verbannt und wird wie die Sänger mit Mikroport per Lautsprecher in den Saal übertragen. Die exzellenten Augsburger Philharmoniker unter Lancelot Fuhry hätte man gerne unmittelbarer gehört, denn Timing, Klang und Esprit in dieser "bühnenpraktischen Rekonstruktion der Musik von Henning Hagedorn und Matthias Grimminger" waren bestechend.

Anlass für die DFB-Gala ist der fiktive Sieg der deutschen Mannschaft gegen Spanien 2017 in Ungarn. Dann rollt die Inszenierung auf, was vorher geschah: Sam Cheswick (Markus Hauser) vereinbart mit DFB-Chef Franz Baron einen schmutzigen Deal, in dem Christiano Hatschek, der Kapitän der Mannschaft (Musical-Star: Uli Scherbel) mit seiner Homosexualität erpresst werden soll. Baron wird von einem echten Ex-Fussballer gespielt: Jimmy Hartwig. Der war einst Mitglied der Sechzger in München, dann Trainer des TSV Augsburg, schrieb nach seiner Krebserkrankung Bücher und ist seit 15 Jahren als professioneller Schauspieler aktiv.

Rosy alias Roxy (Katja Berg) schleicht sich derweilen als investigative Journalistin in die Mannschaftsräume, um die Missstände zu recherchieren, mit deren Erwähnung Philipp Gjurka (ein feiner Tenor: Thaisen Rusch) die DFB-Gala gesprengt hat. Die Elfer-Runde mit so anspielungsreichen Namen wie Knödel, Saulieger, Schwach und Bienels freut sich über den weiblichen Zuwachs als Ersatzspielerin nur zu gerne, der argentinische Trainer namens Pepe Tactico (eine herrliche Knallcharge: Gerhard Werlitz) umso weniger. Doch schließlich landet auch er mit Roxy, der TV-Reporterin Aranka Tötössy (Eva Kuperion) und den elf Jungs in der Dusche. Daraus erwächst eine herrliche Tanzszene samt Ballett mit weißen Handtüchern, wie überhaupt die perfekt gemeisterte Choreografie von Marie-Christin Zeisset zu den Meriten des Abends zählt.

In den manchmal etwas bemüht ausufernden Dialogen knirscht es dagegen immer wieder. Die unmenschlichen Bedingungen der Arbeiter beim Stadionbau in Katar in einem Lied zu besingen ist ebenso geschmacklos, wie es nervt, wenn der von Roxy abgewiesene Bobby (mit knackigem Bariton: Wiard Witholt) während einer buchstäblichen Lach-Nummer nicht aufhören will zu greinen. Am Ende freilich funkt es zwischen ihm und Hatschek sofort unter der Dusche und vor laufender Kamera gibt sich selbst die Fußballwelt supertolerant. Die Pokalüberreichung zum Schluss an Kapitän Hatschek mit Grüßen an die Ehefrau wiederholt den Beginn: Noch ist die Hetero-Männer-Bastion Fußball ein gutes Stück davon entfernt, aktive schwule Spieler zu tolerieren.

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