Astrid-Lindgren-Preis:Lust auf Sprache

Kämpferisch, durchaus politisch war die Erzählerin Astrid Lindgren. Der Lindgren-Preis geht deshalb 2015 an die PRAESA, ein südafrikanisches Projekt zur Leseförderung: durch Lesen seine Sprache, seine Identität finden.

Von Roswitha Budeus-Budde

Zeitlebens mischte sie sich ein, die Erfolgsautorin Astrid Lindgren. Mit ihrem Märchen "Pomperipossa" gegen die schwedischen Steuergesetze stürzte sie 1978 die regierenden Sozialdemokraten, heftig litt sie darunter, dass viele ihrer jungen Leser in Briefen ihr von schwierigen Lebensverhältnissen erzählten. So ist der Astrid Lindgren Memorial Award, dotiert mit umgerechnet 580 000 Euro, auch ein politischer Preis. Dieses Jahr wurde er an das südafrikanische Praesa verliehen, das "Project for the Study of Alternative Education in South Africa", 1992 gegründet vom politischen Kämpfer Neville Alexander (gestorben 2012 mit 76 Jahren), um den Kindern durch die Möglichkeit, in ihren Muttersprachen zu lesen - Südafrika hat elf Amtssprachen -, durch "Reading for enjoyment" einen Zugang zu ihrer Kultur zu ermöglichen. Sein Erfolg basiert darauf, dass er Politik, Wissenschaft und praktische Pädagogik miteinander verknüpfte. Schon mit 21 Jahren der führende Kopf einer trotzkistischen Anti-Apartheid-Bewegung, wurde Alexander für zehn Jahre mit Nelson Mandela auf Robben Island inhaftiert. Nach der Haftentlassung sah er seine Aufgabe vor allem darin, " den Leuten verständlich zu machen, dass Sprache und Mehrsprachigkeit eine wichtige Rolle spielen, vor allem als eine antirassistische Strategie". Auch im demokratischen Südafrika musste die Revolution fortdauern, der Kampf um die jeweilige Sprache der Menschen.

Eines der wichtigsten Projekte, "Little Hand Books", initiiert die Herausgabe preiswerter kleiner Bücher in den elf Muttersprachen Südafrikas. 2012 startete das Leseförderprogramm "Nal'ìbali" (Hier ist die Geschichte), der Name ist aus der Xhosa-Sprache übernommen. Auf dem Rückweg von Stockholm machen die Praesa-Leute am Mittwochabend Zwischenstopp in der Internationalen Jugendbibliothek in München, mit einer Laudatio von Kirsten Boie.

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