Arthur Miller gestorben:Ein "Meister der Sozialtragödie"

Der amerikanische Schrifsteller Arthur Miller ist tot. Weltberühmt wurde er durch das Drama "Tod eines Handlungsreisenden" und durch seine Ehe mit Marilyn Monroe. Der Pulitzer-Preisträger wurde 89 Jahre alt.

Der "Meister der Sozialtragödie" und Ehemann von Marilyn Monroe galt als einer der bedeutendsten amerikanischen Theaterautoren der Gegenwart.

Arthur Miller gestorben: Miller mit Monroe, Ende der 50er

Miller mit Monroe, Ende der 50er

(Foto: Foto: AP)

Nach Meinung der Fachkritik erschrieb sich der "ungebeugte liberale Intellektuelle" bereits zu Lebzeiten den Status eines Klassikers.

Arthur Miller wurde am 17. Oktober 1915 in Harlem / New York City geboren.

Sein Vater, ein jüdisch-polnischer Emigrant, hatte es in den USA als Kleiderfabrikant zu Wohlstand gebracht. Die amerikanische Mutter war Lehrerin.

Während der Wirtschaftsdepression der frühen 30er erlebte Miller den geschäftlichen Ruin seines Vaters - und in Folge wirtschaftliche Not.

Über die Lektüre von Dostojewskis "Brüder Karamasow" und Kenneth T. Rowe's "Write That Play" gewann er Zugang zur Literatur, vor allem zum Drama.

Da ein Studium zunächst außerhalb der finanziellen Möglichkeiten lag, brachte er sich als Lastwagenfahrer und Fabrikarbeiter sowie als Nachtredakteur beim "Michigan Daily" durch.

Ab 1934 studierte Miller an der University of Michigan Literatur- und Theaterwissenschaft und erwarb dort 1938 einen Abschluss in Englisch.

Noch während des Studiums gewann er mit ersten Dramen zwei Literaturpreise der Universität.

Nach dem Graduierung schrieb Miller Hörspiele für verschiedene Rundfunksender und engagierte sich in New York beim "Federal Theatre Project". Es wurde 1939 von der Regierung eingestellt, weil deren Mitglieder in den Verdacht geraten waren, Kommunisten zu sein.

Seit 1945 arbeitete Miller nahezu ausschließlich als Dramatiker.

Nach Meinung der Fachkritik erschrieb sich der "ungebeugte liberale Intellektuelle" (NZZ) bereits zu Lebzeiten den Status eines Klassikers.

Zum Thema seines umfangreichen Werks, das das moderne Theater entscheidend prägte, machte er das Paradox der menschlichen Existenz.

Dem sozialen Realismus ebenso verpflichtet wie dem psychologischen, versuchte Miller, existentielle Konflikte derart auf die Bühne zu bringen, dass - wie er selber in seinem Essay schreibt - 'das Wahrheitsbewusstsein der Menschheit' erhöht wird".

Die internationale Literaturkritik nannte Miller den "Meister der Sozialtragödie" und das "Gewissen Amerikas".

Weltberühmt wurde Miller durch die Dramen "All My Sons" (1947), "Death of a Salesman" (1949), verfilmt mit Frederick March in der Titelrolle, und - nach einem Buch von Jean-Paul Sartre - "The Crucible" (1953), in denen er die emotionsgeladenen Beziehungen und Verwerfungen in den Familien mit den Konflikten in der Gesellschaft verknüpfte.

Von ihrer analytischen Schärfe und beklemmenden Aktualität büßen die wichtigsten Miller-Dramen bis heute nichts ein.

In dem Parabelstück "The Crucible" etwa rechnete Miller mit Senator McCarthy und dessen Kommunistenhatz ab. Er zeigte auf, wie eine geschickt inszenierte Massenpsychose eine ganze Stadt in den grausamsten Verfolgungswahn hineinzutreiben vermochte.

Dieses unter dem deutschen Titel "Hexenjagd" erstaufgeführte Stück diente auch der Verarbeitung eigener Erfahrungen: Im Juni 1956 war Miller vom amerikanischen Kongressausschuss zur "Bekämpfung unamerikanischer Tätigkeit" eine Unterstützung des internationalen Kommunismus´ vorgeworfen worden.

Miller erklärte damals, eine Zeitlang mit dem Marxismus sympathisiert zu haben, nannte dies aber eine überwundene Stufe seiner Entwicklung.

Da er einige Aussagen verweigerte, wurde er 1957 wegen "Missachtung des Kongresses" zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung und zu einer Geldstrafe und verurteilt. Er beantragte eine Revision und wurde 1958 freigesprochen. 1959 schrieb Miller das zwischen Roman, Bühnenwerk und Filmdrehbuch angesiedelte Stück "The Misfits" (dt. Nicht gesellschaftsfähig), das mit seiner damaligen Ehefrau Marilyn Monroe verfilmt wurde.

"Misfits" blieb das einzige, das er während seiner Ehe (1956-1961) mit Monroe verfasste.

Im Januar 1964 kam das Bühnenstück "After the Fall" heraus, das als ein Schlüsseldrama für die Beziehung zu Marilyn Monroe gilt. Manche Kritiker hielten es für Millers reifstes Drama, andere fanden es peinlich und geschmacklos.

1985 legte Miller eine umfassende Autobiographie mit dem Titel "Timebends. A Life" (1987; dt. Zeitkurven. Ein Leben) vor, die Rolf Hochhuth als die "politisch gründlichste und menschlich bewegendste Selbstbiographie aus den Vereinigten Staaten" lobte.

Kritiker Marcel Reich-Ranicki sah in diesem "amerikanischen Welttheater" Millers Image als "unermüdlicher Sinnsucher und nüchterner Moralist" eindrucksvoll bestätigt.

Miller hinterlässt aus erster Ehe eine Tochter und einen Sohn Robert. Die Ehe mit Marilyn Monroe blieb kinderlos. Seit 1962 war Miller mit der Fotografin Inge Morath, einer gebürtigen Österreicherin, verheiratet. Ihr entstammt Tochter Rebecca.

Miller, der seit längerem an Krebs gelitten hatte, erlag einer Lungenentzündung.

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