Arianna Huffington:Clooney kapiert es nicht

Für ihren Blog "Huffington Post" schreibt Prominenz aus Medien und Showbiz: Arthur Schlesinger jr., Daryl Hannah, John Cusack oder Diane Keaton. Ein Interview mit der Königin der Blogger.

Claudia Tieschky

"Time Magazine" zählt die Kolumnistin Arianna Huffington zu den 100 einflussreichsten Menschen weltweit. www.huffingtonpost.com hat nach eigenen Angaben monatlich 3,5 Millionen Besucher und wird 60 Millionen Mal angeklickt. Geboren wurde Huffington in Athen, es folgten Studium in Großbritannien, Scheidung von einem amerikanischen Millionär, Wendung ins Lager der Demokraten. 2003 trat Huffington in Kalifornien als unabhängige Kandidatin zur Gouverneurswahl an. Auf dem Weg zum Weltwirtschaftsforum in Davos spricht sie in München auf einem Podium des Verlegers Hubert Burda. Beim Interview fallen ihr fast die Augen zu, aber sie ist freundlich und konzentriert. Sie möchte Espresso, aber bekommt Cappuccino.

arianna huffington huffpost

Arianna Huffington gründete im Frühjahr 2005 ihren Promi-Blog www.huffingtonpost.com. Sie glaubt an die Koexistenz von Print- und Online-Medien.

(Foto: Foto: AP)

SZ: Sie haben elf Bücher geschrieben, erziehen zwei halbwüchsige Töchter, kultivieren einen Blog, sind in Radio- und TV-Shows präsent, vom Wahlkampfabenteuer 2003 ganz zu schweigen. Sind Sie einfach jemand, der sich schnell langweilt?

Arianna Huffington: Wissen Sie, ich liebe alle diese Bereiche meines Lebens, aber keine Frage, manchmal leide ich unter Schlafentzug. Schlafmangel gehört zu den größten Problemen unserer Gesellschaft. Man bekommt eher Depressionen und neigt zu übermäßigem Essen. Mein Ziel für 2007 ist, genug zu schlafen.

SZ: Im Netz ist nie Nacht - mit der "HuffPost" sind Sie Teil des Schlafräuber-Systems.

Huffington: Ja, man muss sich seinen Schlaf erkämpfen.

SZ: Als Studentin führten Sie den elitären Debattierclub der Universität Cambridge. Im kalifornischen Wahlkampf trafen sie in einer TV-Debatte auf Arnold Schwarzenegger. Ist er ein guter Redner?

Huffington: Das Interessante an dieser Debatte war die Herablassung der Männer und die Erkenntnis, welchen langen Weg wir noch haben, bis Frauen in allen Bereichen akzeptiert werden. Schwarzenegger sagte mir beispielsweise inder Debatte, ich sollte mehr koffeinfreien Kaffee trinken. Das würde er doch zu keinem Mann sagen.

SZ: Ihr neues Buch handelt davon, wie man furchtlos wird - in der Liebe, bei der Arbeit und überhaupt. Manche Zeitungsverleger haben ganz spezielle Ängste. Sie fürchten die Konkurrenz des Internets. Welchen Rat finden die bei Ihnen?

Huffington: Nun, darüber schreibe ich nichts in dem Buch. Aber ich halte die ganze Debatte über Online versus Print für ziemlich bedeutungslos. Zu unseren Lebzeiten wird es immer beides geben. Die Frage ist, welche Print-Publikationen zu neuem Elan finden und welche sterben. Ich glaube, Zeitungen, die aus dem Markt fliegen werden, erledigen sich schon selbst. Weil sie sich nicht neu ausjustieren mit Blick auf die Online-Realität.

SZ: "Huffington Post" wurde als Gegengewicht zu konservativen Medien wie "Fox News" oder "Drudge Report" gegründet. Macht es Spaß, Konservative zu reizen?

Huffington: "Huffington Post" war definitiv ein Gegengift. Bestimmt hat die Art, wie wir Nachrichten präsentieren, eine gewisse Attitüde und Schärfe, aber wir sind keine Parteigänger. Für uns ist es sehr wichtig, die Welt nicht in rechts oder links einzuteilen. Nehmen Sie meinen Blog von heute...

Clooney kapiert es nicht

SZ: Sie hatten Zeit zu schreiben?

Huffington: Eigentlich gestern Nacht. Manchmal gehen mir Dinge durch den Kopf, und es ist nur die Frage, sie für den Blog aufzuschreiben.

SZ: Das kann nicht jeder. "HuffPost" ist ein Club für sich.

Huffington: Um ein Blogger zu werden, muss man eingeladen werden und ein Passwort erhalten. Wir haben ungefähr 800 Blogger. Kommentare dagegen kann jeder schreiben, der sich registrieren lässt. Die Kommentare werden von mehr als einem Dutzend Mitarbeiter moderiert, die rund um die Uhr arbeiten. Sehen Sie (zeigt das Display ihres Blackberry), ich bekomme stündlich eine Email mit der Zahl der neuen Kommentare.

SZ: Wie wichtig ist für Sie denn Prominenz in dem angeblich so egalitären Medium Internet? Sie haben bekannte Namen verpflichtet. Bezahlen Sie die Autoren?

Huffington: Nein, wir zahlen nichts. Wir suchen die Mischung: Berühmtheiten und Autoren, von denen niemand zuvor gehört hat. Manche wurden erst vom Blog entdeckt.

SZ: Aufgefallen ist "HuffPost" auch, als sich der Schauspieler George Clooney gegen einen Text wehrte, der nur aus neu kombinierten Zitaten von ihm bestand.

Huffington: Das war wirklich ein Missverständnis. Ich lud ihn zu dem Blog ein und er wusste nicht recht, was ein Blog ist. Also schlug ich vor, ein paar seiner Reden zu nehmen und daraus etwas zu bauen, was ihm eine Vorstellung geben könnte. Dann bekam ich eine Email, dass das Ergebnis gut zu gebrauchen sei. Meine Lektion daraus war, dass ich nicht den Lernprozess anderer beschleunigen kann. Und dass nicht aus jedem ein Blogger wird.

SZ: Ihr Geschäftspartner ist Kenneth Lerer, der frühere AOL Time Warner Manager; investiert haben Soft Bank Capital und Greycroft Partners. Wann verdienen sie mit Huffington Post Geld?

Huffington: Das Geschäftsmodell beruht ausschließlich auf Werbung, der Erfolg nach der Gründung 2005 hat unsere Träume übertroffen. Ich erwarte, dass wir im Lauf dieses Jahres profitabel werden.

SZ: Reden Ihnen die Investoren beim politischen Kurs rein?

Huffington: Die Investoren stehen im Grundsatz auf derselben Seite. Aber kein Investor dürfte uns den Kurs diktieren.

SZ: Gerade wird viel über Schwarmintelligenz und Online-Kollektive debattiert. Kritiker fürchten, Internet-Gemeinschaften könnten instrumentalisiert und dann gefährlich werden.

Huffington: Generell glaube ich an die Weisheit des Kollektivs. Und ich weiß nicht, was gefährlicher sein könnte als jene Mainstream-Medien, die unfähig waren, die Bush-Administration davon abzuhalten, ihre Lügen über Massenvernichtungswaffen im Irak zu verkaufen. Das waren keine Blogger, die sich als unfähig erwiesen haben, das war die "New York Times" oder Reporter wie Bob Woodward - die ganze Premiumliga des Journalismus'.

SZ: Stimmt es, dass die Tribune Media Service Teile der "Huffington Post" für Printmedien anbietet?

Huffington: Sie bieten Texte im Rechtenutzungsvertrieb an. Manchmal suchen Zeitungen diesen Weg, um Blogs zu integrieren; das steht noch am Anfang. Ich habe kürzlich die Nachricht bekommen, dass die Tribune Media Company auch Material nach Europa verkaufen will.

SZ: Blog-Beiträge für Printmedien? Dann käme das neue Medium zum alten.

Huffington: Ja, für Printmedien. Das müssen wir erst erkunden. Für mich gab es niemals nur entweder oder. Einer der ersten Autoren, die ich für "HuffPost" gewinnen wollte, war der Pulitzerpreisträger Arthur Schlesinger jr. Ich traf mich mit ihm zum Essen und schlug ihm vor, Blogger zu werden. Ihm gefiel die Idee, aber er hat keinen Internet-Anschluss. Kein Problem. Er schickt mir jetzt seine Blogs per Fax.

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