ARD-Show "Waldi und Harry":Wie Hammer und Amboss

Verkehrte Welt in Turin: Waldemar Hartmann spielt Harald Schmidt an die Wand.

Hermann Unterstöger

In der ersten, der gestrigen Olympiakolumne hat der Kollege Henrichs vom Eiskunstlauf auf Bruno Ganz beziehungsweise Thomas Bernhard verwiesen und damit die Latte der Bezüglichkeiten derart hoch gehängt, dass für spätere Kolumnisten kein Drüberkommen mehr ist.

ARD-Show "Waldi und Harry": Einsamer Höhepunkt: Georg Hackl mit Katharina Witt auf seinem Rodel.

Einsamer Höhepunkt: Georg Hackl mit Katharina Witt auf seinem Rodel.

(Foto: Foto: dpa)

Man greift also zur Technik des Unterlaufens, in diesem Fall von Gerhard Delling zur Lindenstraße, in der sich Hans Beimer beim Kartoffelschälen in den Finger schnitt. Sah aus wie die Tangente zu einer Szene vom Nachmittag, als Delling im Studio auf einer riesigen roten Couch saß und mit der Kufe eines Schlittschuhs eine Semmel zerschneiden wollte.

In der Lindenstraße liebt man solche Aktualitätshaschereien, doch dieses Mal war es wohl eher Zufall. Was die Lindenstraße mit Olympia zu schaffen hat? Viel, weil sie von den Göttern der ARD vor Olympia mit Waldi und Harry gesetzt worden war.

Von dieser Sendung hatte man sich insofern viel versprochen, als da in Harald Schmidt und Waldemar Hartmann nicht nur zwei Personen zusammentrafen, sondern zwei Elemente, und nur eines offen blieb: Würden sie verschmelzen oder krachend wieder auseinander stieben?

Wie der Waldi den Harry an die Wand spielt

So oder so würde eine Menge Energie frei, zumindest so viel, um den seit Nachmittag anhaltenden Nachhall von Gerd Rubenbauers ebenso sonorem wie begeistertem Röhren auszuschalten. Bei der Konstellation Harry/Waldi stellen sich die Parallelen und Vorurteile wie von selber ein: Feuer und Wasser, Geist und Materie, Blitz und Donner, Hammer und Amboss.

Wer je sich an Hartmanns lodengemütlichen Auftritten gestört hatte, hoffte nun, dass Schmidt, ganz "dirty Harry", auf seinem Rücken allerlei schöne böse Scherze dengeln würde, doch dazu kam es nicht. Es zeigte sich vielmehr, dass, wo der Amboss das Gesetz des Handelns an sich reißt, der Hammer vergeblich auf seine Chance wartet - "frustra vigilat", wie der Kirchenmusiker Schmidt mit dem Psalmisten sagen würde.

Mit einem Wort, Waldis Dominanz da oben im Deutschen Haus zu Sestriere war so erdrückend, dass Harry fast der Verkümmerung anheim fiel und auf Dauer wirkte wie in seiner eigenen Sendung der gute Manuel Andrack: als Lacher vom Dienst und Sidekick, wie sie in der Branche dazu sagen.

"Mörderkohle" fürs Nichtssagen

Er versuchte zwar immer wieder, die Bühne für sich zu gewinnen, aber gegen Waldis klar spürbaren Willen, eine Sportsendung und keine Revue zu machen, und gegen dessen schiere körperliche Präsenz konnte der zappelige Nürtinger wenig ausrichten. Verkehrte Welt!

Es kam gegen Ende der Sendung so weit, dass Waldi mit einer Bemerkung punktete, wie sie in ihrer Bosheit auch aus Schmidts Lästerwerkstatt hätte kommen können: Er, Harry, stecke hier eine "Mörderkohle" ein und sage nichts.

Es bleibt die Erinnerung an Hans Beimers blutenden Finger und die Frage, warum die Damen Friesinger, Pechstein und Anschütz-Thoms die Kufen ihrer Schlittschuhe, mit denen man weder richtig Semmeln schneiden noch richtig gewinnen kann, nicht in der Lindenstraße nachschleifen lassen.

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