ARD-Musikwettbewerb:Kein erster Preis

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Die glücklichen drei: Andrea Obiso (2. Preis), Kristine Balanas (3. Preis) und Sarah Christian (2. Preis). (Foto: Daniel Delang)

Das Finale der letzten drei Geiger

Von Harald Eggebrecht, München

Dreimal Sergei Prokofjews 1. Violinkonzert op. 19, 1916/17 komponiert, im Violin-Finale des ARD-Wettbewerbs: Das bot im Herkulessaal gute Vergleichsmöglichkeiten. Das BR-Symphonie-Orchester unterstützte aufmerksam die auserwählten Kristine Balanas aus Lettland, Andrea Obiso aus Italien und Sarah Christian aus Deutschland.

Dieses Violinkonzert gehört nicht zu den Beifallsreißern. Es verlangt Klangvariabilität, Gestaltungsphantasie, Charakterisierungskraft, technische Souveränität und eine perspektivische Vorstellung des dreisätzigen Stücks. Gelingt alles, dann kann aus kontrastreichen Elementen wie Wehmut, Witz, Ironie, Härte und Leidenschaft Poesie entstehen. Kristine Balanas begann zauberhaft, die tagträumerische Anfangsmelodie schwebte. Doch Balanas geriet im Zuge der blitzartig herabstürzenden Läufe des ersten Satzes, der rabiaten Pointen des Scherzos und des sarkastischen Finales mit seiner sich ätherisch auflösenden Schlusstrillerkette in gestalterische Atemnot: Platz drei. Der kernige Andrea Obiso (Preis für die beste Aufführung des Auftragswerks von Avner Dorman), spielte aggressiver, riskierte fahle Farben und schien fürs Scherzo prädestiniert. Aber auch dieser zupackende, manchmal die G-Saite allzu knirschend unter Druck setzende Matador einer insgesamt eher heiseren Tongebung war bei der Trillergirlande nur mehr erschöpft. Doch war es seine beste Leistung in drei Runden. Sarah Christian allerdings rechtfertigte den brausenden Schlussjubel und den Publikumspreis auf ganzer Linie trotz ein paar "Motten" im Spiel, weil sie sich Prokofjews Einfallsreichtum hingab und das Werk beziehungsreich in einem Bogen überspannte. Sie und Obiso teilten sich den zweiten Preis. Die Jury unter Vorsitz von Mauricio Fuks mochte sich nicht zum ersten Preis durchringen. Verständlich und doch unbefriedigend, man sollte die "Jahrgänge" nehmen, wie sie kommen, auch wenn kein Geigengenie dabei ist.

Noch eins: Die Preisverkündigung sollte nicht so prosaisch ablaufen. Immerhin werden junge Musiker vor einem engagierten Publikum ausgezeichnet für Begeisterung und Begabung. Hier war's nur eine arg trockene Ansage.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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