Schweiz
Irgendwer sollte es dem Schweizer Kurator Hans Ulrich Obrist einmal sagen: Nicht jedes Ausstellungspodium ist gleich gut geeignet für seine Marathonveranstaltungen. Das ist ein von ihm entwickeltes Format, mit dem er gerade überall auf der Welt gastiert und bei dem er im Sprintverfahren Shootingstars der Kreativszene zum Kurzinterview empfängt. Der Schweizer Pavillon in Venedig zum Beispiel ist definitiv der falsche Ort für einen Marathon - auch wenn das Schwarze-Anzug-Heer der Security-Männer von Edi Rama, heute Albaniens Ministerpräsident, vormals Künstler, als eindrucksvolle Performance durchgeht.
Doch davon haben die Besucher der nächsten sechs Monate nichts. Statt den Eintagesmarathon auf der Presseeröffnung vorzubereiten, hätte Obrist lieber mehr Sorgfalt auf den Rest der Ausstellung verwenden sollen. Dort lässt er die Gedanken des Schweizer Soziologen Lucius Burckhardt und des britischen Architekten Cedrice Price aufeinander treffen. Eine viel versprechende Konstellation, plante doch Brice mit seinem "Fun Palace" (1960-1961) eine der nutzerfreundlichsten, weil radikal offenen und flexiblen Strukturen, während Burckhardt autoritäre Planungsstrukturen hinterfragte. Schon 1953 veröffentlichte er das Buch "Wir selber bauen unsere Stadt".
Die Architekten Herzog und de Meuron haben für den imaginären Gedankenaustausch der beiden ein offen einsehbares Archiv gebaut, Studenten erklären anhand von Fotos und Gesprächsaufzeichnungen auf silbernen Servierwagen die Konzepte. So antiseptisch wie das klingt, so wirkt es auch. Etwas mehr Schmierstoff des Kurators wäre nötig gewesen, um den "magic moment", den Obrist allen Ernstes bei Edi Ramas Politikerrede verspürte, auch dauerhaft im Pavillon zu erfahren.