Architekt Gustav Peichl:Rituale präziser Zuspitzung

Architekt Gustav Peichl: Gustav Peichl im Jahr 2014 in Wien.

Gustav Peichl im Jahr 2014 in Wien.

(Foto: Paul Schirnhofer/VG Bild-Kunst, Bonn 2018)

Gustav Peichl ist eine Ausnahme: Er baut hochelegante Häuser und zeichnet bitterböse Karikaturen. Nun wird er 90.

Von Gottfried Knapp

Gustav Peichl sagt über sein eigenes Werk: "Bei jedem Projekt habe ich zumindest zweimal Lustgefühle: das erste Mal bei der ersten Skizze, das zweite Mal bei der Fertigstellung des Baus. Ich skizziere gerne, ich zeichne gerne, ich realisiere gerne!" Wie schön, wenn ein Künstler, der hochelegante Häuser baut, aber auch bitterböse Karikaturen zeichnet, sein reiches, vielteiliges Werk mit so einfachen, klaren Worten umreißen kann. Was immer Gustav Peichl anpackt - es beginnt, wie er selber sagt, mit einer Skizze auf dem Papier. "Skizzieren ist eine Art Nachdenken auf dem Papier." Mit Feder oder Bleistift umkreist er das angepeilte Objekt. Ist es ein Bauwerk, zeigt der erste flüchtige Umriss schon ganz entschieden plastische Formen. Über den möglichen Inhalt sagen die angedeuteten Kurven und Ausbuchtungen freilich noch nicht allzu viel aus. Das Papier präsentiert ein Gebilde von eigenwilliger Individualität, das, wenn es verwirklicht wird, als charakteristischer Solitär seine Umgebung nicht nur beherrschen, sondern auch zieren wird. In mehreren Bildbänden lässt sich nachvollziehen, wie geschickt Peichl seine skizzenhaft notierten plastischen Erstideen bei der Realisierung den Notwendigkeiten angepasst hat und wie viel vom Ursprungsgedanken er jeweils retten konnte.

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