Archäologie:Unbekannte Kulturgüter in Tunneln unter Mossul

Während im Westteil der Stadt die Kämpfe zwischen der irakischen Armee und der Terrormiliz IS toben, machen die Soldaten im befreiten Osten einen überraschenden archäologischen Fund.

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Seit Oktober vergangenen Jahres versuchen Soldaten der irakischen Armee, die Terrormiliz IS aus Mossul zu vertreiben. Den Osten der Stadt im Norden des Landes haben die Regierungstruppen nach zähen Kämpfen eingenommen. Nun tobt die Schlacht um den westlichen Teil, wo sich auch die Altstadt befindet. Hilfsorganisationen vermuten, dass sich dort noch bis zu 750 000 Zivilisten aufhalten, denen es an Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung fehlt. Zehntausende Menschen versuchen aus den Kampfgebieten zu fliehen, mehrere Hundert wurden dabei von Mitgliedern des IS gezielt beschossen und verletzt.

In den vergangenen Tagen haben die Soldaten das Museum von Mossul erreicht. Es bietet, ebenso wie viele weitere Gebäude in der Stadt, ein Bild der Verwüstung.

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Die hier einst aufbewahrten Objekte sind gestohlen oder zerstört, wie hier eine Skulptur aus assyrischer Zeit. Bereits Anfang 2015 hatten die Terroristen des IS hier ihre Zerstörungswut ausgelassen: Sie stießen Statuen von den Sockeln, die im 1. und 2. Jahrhundert nach Christus in Hatra entstanden. Die Stadt, 80 Kilometer von Mossul entfernt, gehörte zum Reich der Parther und ist heute Unesco-Weltkulturerbestätte. Auf Flugblättern erklärten die Terroristen Archäologie für unislamisch. Das entsprechende Institut an der Universität wurde geschlossen. Altertumswissenschaftler befürchteten, dass die Terroristen antike Stätten und Kirchen mit Sprengstoff präpariert haben könnten.

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Wie groß die Schäden in der Stadt insgesamt sind, lässt sich noch nicht ermessen. In den vergangenen Tagen haben die Soldaten der irakischen Armee in einem von der Terrormiliz angelegten Tunnellabyrinth jedoch eine unerwartete Entdeckung gemacht: unzerstörte Skulpturen und Reliefs aus assyrischer Zeit, wie aus einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP hervorgeht. Sie sind demnach nicht dorthin gebracht worden, sondern ...

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... liegen hier offenbar noch in die Erde eingebettet. Die Gänge sollen die Dschihadisten angelegt haben, um Artefakte zu rauben, die sie unter dem Grab des Propheten Jonah vermuteten. Dessen Schrein Nabi Yunus sprengten sie im Jahr 2014 in die Luft. Die in der Erde liegenden Skulpturen ließen sie offenbar unbehelligt.

Bilder zeigen zwei geflügelte Stiere, wie sie aus anderen assyrischen Stätten als Torwächter-Figuren, sogenannte Lamassu, bekannt sind. Layla Salih (rechts im Bild), die in der Provinz Niniveh für die Antikenverwaltung zuständig ist, ordnet sie dem Palast des Königs Esarhaddon zu, der sich in dieser Gegend befunden haben soll.

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"Diese Funde sind sehr wichtig. Sie lehren uns Neues über die assyrische Kunst", sagt Salih. Denn zwei Reliefs zeigen eine Reihe von Frauen in Frontalansicht. Das, sagt Salih, sei sehr ungewöhnlich: Assyrische Reliefs stellen Menschen normalerweise im Profil dar.

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Das auf dem Kopf stehende Relief zeigt, dass es sich bei den Steinblöcken wohl nicht um die originale Palastarchitektur handelt.

Denkmalpflegerin Salih vermutet, dass die Terrormiliz die großen Objekte nicht mitnehmen konnte, weil die Tunnel jederzeit einstürzen können. Sie geht jedoch davon aus, dass die Dschihadisten zahlreiche kleinere Artefakte geplündert hätten. In einem Haus östlich der Stadt haben die Behörden mehr als hundert Tongefäße gefunden, die aus den Tunneln unter dem Nabi-Yunus-Schrein stammen sollen. Bei aller Freude darüber, dass die Terroristen sie nicht zur Finanzierung ihrer Gewaltherrschaft verkaufen konnten: Ohne den Fundkontext sind sie wissenschaftlich wenig aussagekräftig. Bei den Skulpturen in den Gängen könnte das anders sein.

© SZ.de/ewid/lot
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