Angeblich unbekannter Brecht-Text aufgetaucht:Der ist klein, man glaubt es kaum

Ein Forscher will eine Zeitungsmeldung aus dem Jahr 1918 Bertolt Brecht zuordnen können: Es handelt sich um den Bericht über die Abschlussfeier an einem Mädchengymnasium. Gesellschaftskritik, Satire oder doch nur Geltungssucht?

Ein Augsburger Wissenschaftler hat angeblich einen vor 90 Jahren von Bertolt Brecht (1898-1956) verfassten Zeitungsartikel entdeckt.

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"Quantensprung vom wichtigtuerischen Schreiberling zum großen Dichter"

(Foto: Foto: sz)

Der bislang nicht dem Dichter zugeordnete Text in den "Augsburger Neuesten Nachrichten" könne dem Wissenschaftler zufolge eindeutig Brecht zugeordnet werden, so die "Welt am Sonntag".

Dabei handele es sich um einen Bericht über die Abschlussfeier der Städtischen Mädchenschule in Augsburg. Er sei ohne Autorenkennung abgedruckt worden.

Der damals 20-jährige Brecht wollte, so die Mutmaßung, mit dem Artikel die spätwilhelminische Gesellschaft kritisieren. Zugleich habe er seine Jugendliebe und spätere Mutter seines Sohns, Paula Banholzer, beeindrucken wollen, die an der Feier teilgenommen habe.

Der Text soll am 25. Juli durch seinen Entdecker Jürgen Hillesheim, Leiter der Brecht-Forschungsstätte Augsburg, der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Ihm zufolge entstand der Artikel im Sommer 1918, als der Autor gerade den "Quantensprung vom wichtigtuerischen Schreiberling zum großen Dichter" geschafft habe.

In jenem Jahr war die erste Fassung des "Baal" entstanden. Der Literaturwissenschaftler war nach jahrelangen Recherchen auf den Text gestoßen.

Wenige Tage nach der Abschlussfeier war Brecht angeblich mit seiner 16-jährigen Freundin zu einem heimlichen Kurzurlaub am Starnberger See aufgebrochen. Ein Jahr darauf wurde Sohn Frank Banholzer geboren. Zu diesem Zeitpunkt war Brechts Interesse an Paula Banholzer bereits abgeflaut. Frank Banholzer kam 1943 als Soldat an der Ostfront ums Leben.

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