Angeben für Anfänger:Wayne interessiert das

Die einen reden über Monica Lierhaus' Comeback, die anderen feiern Jeff Bridges auf der Berlinale. Lernen Sie mitzureden über: Preisverleihungen im TV.

Ruth Schneeberger

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Quelle: AFP

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Die einen reden über Monica Lierhaus' Comeback, die anderen feiern Jeff Bridges auf der Berlinale. Lernen Sie mitzureden über: Preisverleihungen im TV.

Was ist das?

Ein Fernsehpreis ist eine Auszeichnung, die für besondere Leistungen rund um eben dieses Medium vergeben wird. Dabei werden nicht nur filmische Inhalte, sondern auch Nachrichtensendungen, Shows und besondere Leistungen des Fachpersonals ausgezeichnet. Und zwar von einer Jury, die aus Nominierungskommissionen oder Redaktionen besteht, sich also aus dem System selbst speist.

Wir lernen: Diese Fernsehmenschen vergeben diese Preise unter sich selbst - und wir schauen ihnen dabei zu. Und dann gibt es noch die Preisverleihungen, die sich nicht nur um das Medium Fernsehen selbst drehen, sondern um das Kino, die Musik oder die anderen Künste, und deren Preisverleihungen ebenfalls im Fernsehen übertragen werden, solange es genügend Leute sehen wollen.

Und da wären wir auch schon beim Hautproblem der Preisverleihungen im TV: Damit sich überhaupt jemand dafür interessiert, wer wem welchen Preis wofür überreicht, müssen sich die Fernsehmenschen einiges einfallen lassen. Am Samstagabend war das die von ihr selbst, ihren Fans und den Boulevardmedien lang ersehnte Rückkehr der erkrankten Sportmoderatorin Monica Lierhaus ins Rampenlicht. Doch ihr Auftritt wurde von der Öffentlichkeit nicht nur mit Wohlwollen betrachtet.

Nur: Wen interessiert, ob die Öffentlichkeit mit Lierhaus' Auftritt einverstanden ist? Aus therapeutischer Sicht, heißt es, sei der Auftritt für sie wichtig gewesen. Es ist jedem unbenommen, sich Gedanken darüber zu machen, wer da an welchen Fäden gezogen haben mag. Unstrittig ist aber doch, dass sie sich selbst Gedanken gemacht haben wird. Sie erinnert uns nur leider daran, wie endlich wir sind, das ist das Problem, das wir mit ihrem Auftritt haben. Dabei gehören Krankheit, Behinderung und Tod zum Leben mindestens genauso dazu wie eine glänzende Aftershowparty auf der Berlinale.

Dort wird derzeit ein älterer Herr gefeiert, der die Nachfolge eines noch älteren Herren antritt, der anno dazumal einen Oscar für die Darstellung eines gealterten Cowboys erhielt: Jeff Bridges spielt die Rolle, die einst John Wayne gespielt hat, in dem Film True Grit. Die Regie führenden Coen-Brüder verrieten vorab, ihre Kinder würden John Wayne nicht kennen. Dafür wird Jeff Bridges nun auf der Berlinale gefeiert, wo er mit Sicherheit keinen Preis bekommt, weil der Film außerhalb des Wettbewerbs das Filmfestival am Donnerstagabend eröffnete. Ob er wie sein Vorgänger dafür demnächst einen Oscar erhält? John Wayne hätte sich dafür bestimmt interessiert, doch wir können ihn dazu nicht mehr befragen.

Um sich also für diese und künftige Preisverleihungen besser zu wappnen, hier ein paar Anleitungen zum stilvollen Preisverleih:

Text: Ruth Schneeberger/sueddeutsche.de/bgr

Oscars Brando

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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So schinden Sie Eindruck:

Sollten Sie jemals in den Genuss kommen, selbst eine Dankesrede zu halten, lassen Sie sich etwas einfallen, vielleicht sogar etwas Inhaltliches. Man kann es nie allen recht machen, aber Sie wollen ja in Erinnerung bleiben. So wie etwa Marlon Brando 1972 den Oscar für seine Hauptrolle in Der Pate nicht annahm, und stattdessen Sacheen Littlefeather (im Bild) im Indianerinnenkostüm auf die Bühne schickte, um auf die pikante Situation der American Natives aufmerksam zu machen. Dass sich später herausstellte, dass die junge Dame Schauspielerin war, zwar indianische Wurzeln hatte, aber mit richtigem Namen Marie Cruz hieß, sorgte danach für viel Aufregung, interessiert aber heute niemanden mehr. Was zählte, war die Geste, ein Tabu zu brechen, das den Zeitgeist bestimmte. Ähnlich wie bei Lierhaus.

GWYNETH PALTROW

Quelle: DPA

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So machen Sie sich lächerlich:

Indem Sie bei einer sehr erwartbaren Preisverleihung Tränen vergießen, um Emotionen zu zeigen. Seit Monica Lierhaus geht das natürlich nicht mehr. Keiner will mehr sehen, wie Gwyneth Paltrow ihren Eltern dankt und dabei heult und/oder stammelt. Da müssen schon schwerere Geschütze aufgefahren werden. Wenn also in der Nacht zu Montag die Grammys, danach die Berlinale-Bären und am 27. Februar schließlich die Oscars verliehen werden, ob nun vor oder hinter der Kamera, vor der oder für die Mattscheibe: Bewahren Sie Fassung. Am besten vor, während und nach einer TV-Preisverleihung, alle miteinander.

61. Berlinale: Premiere 'True Grit'

Quelle: dapd

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Zitieren Sie:

Zum Beispiel Ralph Waldo Emerson (1803 - 1882), einen US-amerikanischen Philosophen und Dichter: "Die Gesellschaft ist eine Welle. Sie selbst bewegt sich vorwärts, nicht aber das Wasser, woraus sie besteht."

Für die Temperatur dieses Wassers aber sind dann wohl wir selbst zuständig.

In diesem Sinne: Bis nächste Woche!

© sueddeutsche.de/rus/kar
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