An der Staatsoper:Berückend intensiv

An der Staatsoper: Blutbesudelt in der Aida-Inszenierung von Christof Nel: Jonas Kaufmann singt den Radames exzellent.

Blutbesudelt in der Aida-Inszenierung von Christof Nel: Jonas Kaufmann singt den Radames exzellent.

(Foto: Staatsoper)

Jonas Kaufmanns Debüt als Radamès in Verdis "Aida"

Von Klaus Kalchschmid

Auftrittsapplaus konnte er keinen bekommen, denn inmitten einer Phalanx von identisch kostümierten Soldaten mit stählernem Brustpanzer konnte man Jonas Kaufmann allenfalls ob seines so charakteristischen Timbres erkennen. Aber das berühmte "Celeste Aida" lässt ja nicht lange auf sich warten: Und das sang Kaufmann in der Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis "Aida" am Nationaltheater exzellent. Sein so berückend baritonal gefärbter Tenor leuchtete gleichwohl in der Höhe wunderbar; einschließlich jenes in der Partitur mit der Vortragsbezeichnung "morendo" geforderten Diminuendo auf dem hohen B, das sonst kaum ein Sänger realisiert.

Auch im Übrigen war dieses Debüt - dem eine CD-Aufnahme unter Antonio Pappano vorausging - gelungen. Das hing freilich auch mit seiner großartigen Partnerin Krassimira Stoyanova als Aida zusammen. Kein Wunder also, dass Verdis Spätwerk erst im dritten und vierten Akt so richtig zu fesseln vermochte, wenn all der orchestrale und szenische Pomp einem Musikdrama à la "Otello" weicht und der Konflikt zwischen Liebe und Pflicht aufbricht.

Zwei Akte lang hatte sich Regisseur Christof Nel bei der Premiere 2009 bemüht, Ägypten-Klischees aus dem Weg zu gehen. Er inszenierte mit Hilfe von Valentí Rocamora i Torà als Choreografin statt dessen ebenso viele anämische wie blutige (Tanz-)Rituale auf einer rotierenden Drehbühne mit Mauern, die an Sprungtürme im Schwimmbad erinnerten. Man war also froh war, dass als für den Nilakt nur eine Wand übrig blieb (Bühne: Jens Kilian). Selbige entschwebt in den Schnürboden für die Kerkerszene am Ende, wenn Aida und Radamès lebendig eingemauert werden. Das tödliche Gefängnis wird durch den weiß leuchtenden Fußboden angedeutet, den am Ende der Chor der Bayerischen Staatsoper (Einstudierung: Sören Eckhoff) als menschliche Mauer umschließt, während das Liebespaar verblutet.

Kaufmanns viriler Tenor und der satte, farbige Spinto-Sopran der Stoyanova wirkten fast zu vital in dieser Sterbeszene, aber dafür waren ihre Duette von schönster dramatischer Intensität, die auch Dan Ettinger nach der Pause vom bestens aufgelegten Staatsorchester einforderte. Nicht minder exzellent waren die meisten der übrigen Solisten: Franco Vassallo als stimmgewaltiger Amonasro. Ain Anger als mit Statur und sonorem Bass furchteinflößender Ramfis, der leider manchmal in wilder Ehe mit den Noten lebte. Last but not least Anna Smirnova als unglücklich in Radamès verliebte Pharaonentochter Amneris.

Je mehr sie Stolz und Überlegenheit, die sie kraft ihrer Machtposition besitzt, vergaß und tragisch Liebende wurde, desto überzeugender klang die Russin bis in die expressiv glühenden Höhen ihres Mezzosoprans hinein.

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