Am Set von "Eddie the Eagle":Mit Iris Berben auf einen "Love Punsch"

Iris Berben (links) und Hugh Jackman in einer Szene von "Eddie the Eagle".

"Es ist verrückt, welch ein Wirbel um ihre Person hier gemacht wird." Hugh Jackman (rechts) über Iris Berben. Hier im "Olympiahaus" zu Garmisch.

(Foto: 2016 Twentieth Century Fox)

Er war der Stolz Großbritanniens, doch das hat britische Filmemacher nicht davon abgehalten, die Geschichte von "Eddie the Eagle" in weiten Teilen nach Garmisch zu verlegen. Dort gibt es ja auch den Standortvorteil "Iris Berben".

Von Paul Katzenberger

So viel Chaos hat im "Olympiahaus" in Garmisch-Partenkirchen selten geherrscht. Im Gasthof an der berühmten Skisprungschanze des Skiclubs Partenkirchen verstellen schon am Eingang dicke Kabelrollen den Weg, geschäftige Menschen hasten kreuz und quer durch die verschachtelten Räume des Nazi-Baus, überall stapeln sich blaue Mülltüten. Es riecht streng - dieser Filmset hat wenig mit Glamour zu tun, mehr mit Maloche.

Nur Iris Berben hat freie Bahn. Sie hat den ganzen Gastraum und die Veranda für sich. Beide Bereiche sind weiträumig für sie abgesperrt worden, was es allerdings auch schwierig macht, ihre Gegenwart überhaupt mitzubekommen. Nur wenige Sekunden geht sie immer wieder mit ein paar Gläsern auf einem Tablett durch die Sichtachse. Wer hier einen echten Star sehen will, muss Geduld aufbringen.

Gedreht wird "Eddie the Eagle - Alles ist möglich", eine sehr angelsächsische Geschichte, die sich Ende der 1980er-Jahre tatsächlich zutrug.

Für den Film verlegte das englische Team um Produzent Matthew Vaughn und Regisseur Dexter Fletcher die Begebenheit zu einem großen Teil nach Deutschland - ins "Olympiahaus" zu Garmisch und nach Oberstdorf, beides Standorte berühmter Skisprungschanzen.

Denn die Sport-Komödie beruft sich auf Michael Edwards, der die Menschen bei den Olympischen Winterspielen von 1988 in Calgary damit begeisterte, dass er sich der Konkurrenz in der bedrohlichen Disziplin des Skisprungs stellte - einer Sportart, die eigentlich nur für Menschen gemacht ist, die im Alter von vier Jahren damit anfangen.

Jedes Mal Letzter

Eddie wagte seinen ersten Sprung hingegen erst mit 22 Jahren, mit 24 war er der einzige britische Teilnehmer bei den Weltmeisterschaften 1987. Er belegte den 55. Platz, was genügte, um sich für Calgary zu qualifizieren - und auch dort die Menschen zu entzücken: mit zwei Sprüngen, einmal von der 70-Meter- und einmal von der 90-Meter-Schanze. Jedes Mal wurde er Letzter, doch was macht das schon: "Wichtig ist es nicht, bei den Olympischen Spielen zu gewinnen, wichtig ist es, teilzunehmen", wie es schon Pierre de Coubertin formulierte, der Gründer der modernen Olympischen Spiele.

So viel zu den Fakten, mit denen der Set im Garmischer Olympiahaus nicht mehr allzu viel zu tun hat. Denn anders als der Film es suggeriert, trainierte der echte Eddie nicht am Gudiberg, sondern in Lake Placid in den nordamerikanischen Adirondack-Mountains, wo 1976 auch schon mal Olympische Spiele stattfanden.

Doch was tut das zur Sache? Ein Spielfilm darf "bigger than life" sein. Von der echten Geschichte haben die Drehbuchautoren Sean Macaulay und Simon Kelton ohnehin nicht viel mehr drin gelassen als die Dokumentaraufnahmen von Eddies Sprung in Calgary.

Dramaturgisch ist alles darauf abgezirkelt, eine möglichst reine Underdog-Geschichte zu erzählen. Auch der letzte Zuschauer soll merken, wie sehr sich Eddie als leicht übergewichtige und weitsichtige Witzfigur mit reiner Willenskraft gegen alle Widerstände durchsetzte, um seinen Traum von der Olympia-Teilnahme zu verwirklichen. Im Leben des echten Eddie wird sich das in Lake Placid alles etwas weniger prosaisch abgespielt haben. Doch um Faktentreue geht es hier nicht, da stört die falsche Garmisch-Kulisse auch nicht weiter.

"Das Herz eines Rennpferdes und den Verstand eines Rohrstocks"

Zumal weder Nordamerika noch England eine Iris Berben haben. Die wirbelte bei diesem Dreh vor einem Jahr als Kellnerin "Petra" durchs Olympiahaus als sei sie 35 und keine 64. Auf der Getränketafel locken dazu passend "Petra's Love Punsch - Glühwein mit Kirschwasser" für drei D-Mark.

Mit der Namensgebung für das Heißgetränk bewiesen die englischen Filmemacher, dass sie die Gegebenheiten vor Ort richtig einzuschätzen wussten. Denn seit Jahrzehnten taucht die Berben auf den vorderen Rängen von Umfragen auf, in denen nach der erotischsten Deutschen gefragt wird.

Da staunte sogar ein internationaler Superstar wie Hugh Jackman, der in dem Film Eddies versoffenen Trainer Bronson Peary spielt, einen fiktiven ehemaligen US-Skispringer, der sein Talent verschleudert hat. "Es war eine interessante Erfahrung, Iris kennenzulernen", sagte Jackman während seines beruflichen Abstechers nach Deutschland: "Denn es ist verrückt, welch ein Wirbel um ihre Person hier gemacht wird."

Unter den 500 Komparsen aus dem Werdenfelser Land, die am Garmischer Set ihren Auftritt als Skifahrer, Skilehrer, Funktionäre oder schlicht als Petras Kneipengäste hatten, reckten aber auch viele den Hals, wenn Jackman in Aktion war. Der "X-Man"-Darsteller ist schließlich ein richtiger Weltstar.

Diesen Status kann Taron Egerton, der im Film Eddie verkörpert, (noch) nicht für sich in Anspruch nehmen. Doch so wie sich Regisseur Dexter Fletchter den Sport-Autodidakten vorstellte ("das Herz eines Rennpferdes und den Verstand eines Rohrstocks") verlangte die Rolle von Egerton die tragende Leistung des Films ab. Er sollte seinen Landsmann als antithetische Figur darstellen - in einem Widerspruch aus Spott und Verehrung, was Egerton mit Bravour gelingt.

Springen ist wie Liebe machen

Die witzigste Szene des Films bringt die herrlich komische Dynamik auf den Punkt, die sich zwischen dem bebrillten Sonderling Eddie und dem gebrochenen Zyniker Peary entwickelt: Jackman versucht seinem Schützling den Bewegungsablauf beim Absprung mit einem Vergleich zu erklären: Das sei, wie wenn er Liebe machen würde mit Bo Derek, seinerzeit das bekannteste Sexsymbol, und von Newsweek bis Stern, über Playboy und Spiegel als "schönste Frau der Welt" apostrophiert.

Das sind harmlose Späße, die manchem vielleicht banal erscheinen mögen. Aber vollkommen geistlos ist der Film nicht. Jeder, der schon einmal miterlebt hat, wie ein Kind von sportlichem Ruhm träumt, folgt der Geschichte gerne. Durch den Verzicht auf allzu viele Fakten oder komplexe Figuren kommt die Grundaussage so schnörkellos wie möglich rüber. Medaillen wird es dafür keine geben, doch seinen Platz als "Gute-Laune-Film" hat "Eddie the Eagle" verdient.

Das sieht auch Iris Berben so. Obwohl ihre Rolle nur sehr klein ist, wollte sie unbedingt mit dabei sein: "Der Film hat etwas Warmes ..., und das ist in einer Zeit wie heute ein ganz schöner Zustand, warum man ins Kino gehen könnte, sollte und muss."

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