Alle Filme des Wettbewerbs der Berlinale 2013:Im Strudel der Gefühle

Es geht um Lebenslügen, die Sehnsucht nach Liebe und die Wahrhaftigkeit: Die Filme im Wettbewerb der Berlinale behandeln das ganze Spektrum an menschlichen Emotionen. Oft stehen dabei Frauen im Mittelpunkt - und die gesellschaftlichen Verwerfungen, die die ganze Welt auf Trab halten.

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Es geht um Lebenslügen, die Sehnsucht nach Liebe und die Wahrhaftigkeit: Die Berlinale startet an diesem Donnerstag und die Filme im Wettbewerb behandeln das ganze Spektrum an menschlichen Emotionen. Oft stehen dabei Frauen im Mittelpunkt - und die gesellschaftlichen Verwerfungen, die die ganze Welt auf Trab halten.

Camille Claudel 1915

Frankreich 2012, 97 Min., Regie: Bruno Dumont, Darsteller: Juliette Binoche, Jean-Luc Vincent

Um was es geht:

Das kalte Licht des Winters 1915. Einmal noch hebt Camille Claudel einen Stein auf und schaut ihn prüfend an. Es ist, als sähe man einer Bildhauerin bei der Arbeit zu: Doch sie wird den Stein wieder fallen lassen und nie mehr künstlerisch arbeiten. Die junge Frau fühlt sich verfolgt von ihren Neidern und von ihrem ehemaligen Liebhaber Auguste Rodin. Ihre Familie hat sie deshalb in einer psychiatrischen Anstalt im Süden Frankreichs untergebracht. Erzählt wird die Chronik ihres endlosen Wartens: auf Verständnis, auf Anerkennung ihrer Kunst und auf den geliebten Bruder, den Schriftsteller Paul Claudel.

Was macht den Film interessant?

Der Briefwechsel der Geschwister hat Bruno Dumont zu seinem Film inspiriert. Wieder arbeitet er auch mit nicht professionellen Darstellern. Geistig behinderte Menschen spielen die Insassen der Klinik und damit ein Stück ihrer eigenen Wirklichkeit. Nur selten verlässt die Kamera die dicken Gemäuer, hinter denen die Kreativität einer Frau verkümmert. Vielleicht liegt darin der eigentliche Wahnsinn.

Fotos und Texte: Festival

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Dolgaya schastlivaya zhizn (A Long and Happy Life)

Russland 2013, 77 Min., Regie: Boris Khlebnikov, Darsteller: Alexander Yatsenko, Eugene Sitiy, Anna Kotova

Um was es geht:

Sascha lebt in einem Dorf auf der nordrussischen Halbinsel Kola und bewirtschaftet engagiert die Hinterlassenschaft einer ehemaligen Kolchose. Seinen Arbeitern ist er ein guter Kumpel; sie achten ihn und tolerieren auch die mehr oder weniger geheime Liebesbeziehung zu Anja, die im Sekretariat der Bezirksregierung sitzt. Doch plötzlich gerät Sascha in existenzielle Konflikte: Die Provinzbeamten, die vor allem ihrem Eigenwohl verpflichtet sind, wollen ihn mit einer lukrativen Abfindung überreden, seine Farm aufzugeben. Die rechtliche Situation des Neubauern ist heikel, der Pachtvertrag wurde seinerzeit nur per Handschlag bekräftigt. So nimmt der Druck stetig zu, erst recht, als sich Sascha von seinen Arbeitern überzeugen lässt, standhaft zu bleiben.

Was macht den Film interessant?

In einer Landschaft, die von den Urgewalten der Natur geprägt ist, nimmt das Schicksal des Unerschrockenen seinen Lauf. Die Tragödie eines aufrechten Mannes, der sich dem Sumpf aus Korruption und Habgier nicht ergeben will und dabei alles riskiert, was ihm wertvoll und wichtig ist. Regisseur Boris Khlebnikov, der zu den profiliertesten russischen Autorenfilmern zählt und 2003 mit "Koktebel" auf sich aufmerksam machte, gibt mit dem Film sein Debüt bei der Berlinale.  

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Elle s'en va (On my Way)

Frankreich 2013, 116 Min., Regie: Emmanuelle Bercot, Darsteller: Catherine Deneuve, Nemo Schiffman, Gérard Garouste, Camille Claude Gensac

Um was es geht:

Bettie, Anfang 60, lässt Mutter, Gäste und die Angestellten ihres bretonischen Restaurants einfach zurück. Weil ihr die Zigaretten ausgegangen sind, steigt sie ins Auto und fährt los. Bettie will nicht mehr in ihr Leben zurückkehren. Gerade hat sie erfahren, dass sich ihre langjährige Affäre eine jüngere Frau gesucht hat. Auch stresst sie das Zusammenleben mit der anstrengenden Mutter. Sie teilt sich eine Zigarette mit einem alten Mann und hört sich dessen tragische Liebesgeschichte an. Nach einer ausgelassenen Party findet sie sich am anderen Morgen in Gesellschaft in einem Hotelbett wieder.

Was macht den Film interessant?

Emmanuelle Bercot hat die Rolle der Bettie für Catherine Deneuve geschrieben. In diesem Film will die internationale Filmikone Catherine Deneuve einfach nur eine Frau mimen, die sich mehr wünscht als nur eine ausgedehnte Zigarettenpause.

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Epizoda u zivotu beraca zeljeza (An Episode in the Life of an Iron Picker)

Bosnien-Herzegowina / Frankreich / Slowenien 2013, 75 Min., Regie: Danis Tanovic, Darsteller: Senada Alimanovic, Nazif Mujic, Sandra Mujic, Semsa Mujic

Um was es geht:

Eine Roma-Familie in Bosnien-Herzegowina, in einem Ort abseits der großen Stadt. Vater Nazif schlachtet alte Autos aus und verkauft die Metallteile an einen Schrotthändler. Mutter Senada hält das Haus sauber, kocht und sorgt sich um die beiden kleinen Töchter. Eines Tages verspürt sie einen stechenden Schmerz im Unterleib. In der Poliklinik erhält sie die Nachricht, dass etwas mit dem Baby in ihrem Bauch nicht stimmt: "Sie sagen, es sei tot." Eine Blutvergiftung droht, höchste Eile ist geboten. Doch Senada besitzt keine Krankenversicherung und die Familie hat kaum Geld. Der Chef des Krankenhauses lehnt es ab, die Frau zu behandeln. Ein Wettlauf gegen die Zeit und die zunehmende Hoffnungslosigkeit Senadas beginnt ...

Was macht den Film interessant?

Dass die Laiendarsteller eine Episode aus ihrem eigenen Leben spielen, soll wesentlich zur Authentizität und zum sozialen Realismus beitragen. Zugleich zeigt der Film Lebensmut und Überlebenskunst einer Roma-Familie.

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Gloria

Chile / Spanien 2012, 105 Min., Regei: Sebastián Lelio, Darsteller: Paulina García, Sergio Hernández, Diego Fontecilla, Fabiola Zamora

Um was es geht:

Gloria ist 58 Jahre alt und geschieden. Die Kinder sind aus dem Haus, doch so ganz allein will sie ihre Tage und Nächte nicht verbringen. Dem Alter und der Einsamkeit trotzend, tobt sie sich gern auf Single-Partys aus, immer wieder auf der Suche nach dem schnellen Glück, das jedoch regelmäßig von einem Gefühl der Enttäuschung und Leere abgelöst wird. Bis sie Rodolfo kennenlernt, den sieben Jahre älteren ehemaligen Marineoffizier, mit dem sie sich sogar eine dauerhafte Partnerschaft vorstellen kann. Doch nach und nach sieht sie sich auch mit den Dingen ihres Lebens konfrontiert, die sie verdrängt hatte.

Was macht den Film interessant?

Gezeigt wird das Porträt einer starken Frau, vor dem Hintergrund aktueller politischer Entwicklungen in Chile, das auch die düsteren Kapitel in der Geschichte des Landes während der vergangenen 40 Jahre mit einbezieht.

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Gold

Deutschland 2013, 113 Min., Regie: Thomas Arslan, Darsteller: Nina Hoss, Marko Mandic, Uwe Bohm, Lars Rudolph, Peter Kurth, Rosa Enskat, Wolfgang Packhäuser

Um was es geht:

Kanada im Sommer 1898. Eine Gruppe deutscher Einwanderer macht sich mit Planwagen, Packpferden und wenigen Habseligkeiten auf den Weg in den hohen Norden. Mit ihrem Anführer, dem großspurigen Geschäftsmann Wilhelm Laser, wollen sie ihr Glück auf den neu entdeckten Goldfeldern in Dawson suchen. Sie haben keine Vorstellung davon, welche Strapazen und Gefahren sie auf der 2500 Kilometer langen Reise erwarten.

Was macht den Film interessant?

Präsentiert wird eine Geschichte, in der sich eine Frau trotz aller Widrigkeiten und Konflikte zum Leben bekennt. Denn so gefährlich der Weg durch unerschlossenes Land auch ist - einer Sache ist sich Emily (Nina Hoss) ganz sicher: Eine Rückkehr in ihr altes Leben kommt nicht in Frage.

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Layla Fourie

Deutschland / Südafrika / Frankreich / Niederlande 2013, 105 Min., Regie: Pia Marais, Darsteller: Rayna Campbell, August Diehl, Rapule Hendricks

Um was es geht:

Layla ist eine alleinerziehende Mutter, die in Johannesburg mit ihrem Sohn von Gelegenheitsjobs lebt. Sie lässt sich in der Anwendung von Lügendetektoren ausbilden und erkämpft sich einen Job in einer Sicherheitsfirma. Auf dem Weg zum neuen Arbeitsplatz wird sie in einen Unfall verwickelt, der ihr Leben radikal verändert. Layla verstrickt sich in einem Netz aus Lügen und Täuschungen. Die Wahrheit könnte die Trennung von Mutter und Sohn bedeuten. 

Was macht den Film interessant?

Mit ihrem dritten Spielfilm kehrte die seit langem in Berlin lebende Regisseurin Pia Marais nach Südafrika zurück, an den Ort ihrer Kindheit, um einen klassischen Thriller zu drehen. Sie nutzt das Genre, um ein Land zu zeigen, in dem die Apartheid immer noch nicht vollständig bewältigt ist.

"The Necessary Death of Charlie Countryman"

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The Necessary Death of Charlie Countryman

USA 2013, 107 Min., Regie: Fredrik Bond, Darsteller: Shia LaBeouf, Evan Rachel Wood, Mads Mikkelsen, Til Schweiger, Rupert Grint, James Buckley

Um was es geht:

Nach dem Krebstod seiner Mutter reist Charlie nach Bukarest. In einer Vision hat ihn die Tote dazu aufgefordert. Er soll den Kopf wieder freibekommen. Doch schon im Flugzeug kommt der nächste Todesfall. Dieses Mal trifft es den Mitreisenden, den er gerade erst kennengelernt hat. Wieder hat Charlie ein Versprechen zu halten. Er muss das Gepäck des Toten an dessen Tochter Gabi überbringen, in die er sich Hals über Kopf verliebt. Auf die schöne Musikerin erhebt allerdings der psychotische Boss eines Drogenkartells Anspruch, und der denkt nicht im Traum daran, dem unbedarften Amerikaner das Feld zu überlassen. Aber Charlie hat sich in den Kopf gesetzt, Gabi zu beschützen und ihr seine Liebe zu beweisen.

Was macht den Film interessant?

Die Transformation des Transformers: Shia LaBeouf als ganz normaler Romantiker, der im Kampf mit skrupellosen Gangstern versucht, sein Leben und seine Liebe zu retten. In seinem Spielfilmdebüt wirft Regisseur Fredrik Bond einen Blick auf die amerikanischen Klischees von Europas wildem Osten.

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Nugu-ui Ttal-do Anin Haewon (Nobody's Daughter Haewon)

Südkorea 2013, 90 Min., Regie: Hong Sangsoo, Darsteller: Jung Eunchae, Lee Sunkyun

Um was es geht:

Ist sie ihres Lebens, ihrer Liebe müde, oder warum schläft Haewon in einem Restaurant ein? Die Studentin fühlt sich alleingelassen. Ihre Mutter wird nach Kanada ziehen, die Affäre mit einem ihrer Professoren will Haewon beenden, weil sie ihr keinen Rückhalt bietet. Doch nicht nur, dass die Liasion von ihren Mitstudenten entdeckt wird - der verheiratete Mann akzeptiert die Trennung nicht. Haewon ist irritiert und zieht sich zurück. Andere Männer kreuzen ihren Weg und das führt zu einem gewagten Fluchtplan. 

Was macht den Film interessant?

Untersuchte Hong Sangsoo in früheren Filmen die Schwierigkeiten von Beziehungen zumeist aus der Sicht seiner männlicher Protagonisten, hat er nun die Perspektive gewechselt. Dieser weibliche Blick bleibt hier allerdings rätselhaft und unbeständig. Denn wie irreal ist eigentlich unsere Wirklichkeit und wie real sind unsere Träume?

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Paradies: Hoffnung

Österreich / Frankreich / Deutschland 2013, 91 Min., Regie: Ulrich Seidl, Darsteller: Melanie Lenz, Vivian Bartsch, Joseph Lorenz, Michael Thomas

Um was es geht:

Ihre Mutter reist nach Kenia, um junge Beachboys für Liebesdienste zu gewinnen. Ihre streng katholische Tante zieht missionierend von Haus zu Haus. Und so verbringt die 13-jährige Melanie ihre Ferien in einem Diätcamp im Wechsel, einem Gebirge im Südosten Österreichs. Zwischen sportlicher Ertüchtigung und Ernährungsberatung und einer heimlichen Sauftour in die örtliche Diskothek verliebt sich das Mädchen in den vierzig Jahre älteren Arzt und Leiter des Camps. Melanie strengt alle ihre Verführungskünste an, um ihn zu erobern. 

Was macht den Film interessant?

Auch im dritten Teil seiner Paradies-Trilogie - nach "Paradies: Liebe" und "Paradies: Glaube" - konfrontiert Ulrich Seidl die menschliche Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit mit der Realität, auf die sie trifft. Das sterile Diätcamps kontrastiert er mit strengen Bildern, die jede Sinnlichkeit und  Leidenschaft vermissen lassen. Und doch ist "Paradies: Hoffnung" der sanfteste der Paradies-Filme. Seinen jungen Figuren belässt Seidl die "Hoffnung", dass Liebe nicht nur eine Chimäre, sondern ein ehrliches und großes Gefühl sein kann.

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Pardé (Closed Curtain)

Iran 2013, 106 Min., Regie: Jafar Panahi, Kamboziya Partovi, Darsteller: Kamboziya Partovi, Maryam Moghadam, Jafar Panahi, Hadi Saeedi, Azadeh Toradi, Agha Olia, Zeynab Khanum

Um was es geht:

Sie werden gesucht: der Mann und sein Hund, den er eigentlich nicht besitzen darf, da das Tier nach islamischen Geboten als unrein gilt. Und sie, die junge Frau, die an einer verbotenen Party am Ufer des Kaspischen Meers teilgenommen hat. Sie verstecken sich in einer abgelegenen Villa mit verhängten Fenstern und beäugen einander misstrauisch. Warum hat er sich den Schädel kahl rasiert? Woher weiß sie, dass er von der Polizei verfolgt wird? Beide sind Gefangene eines Hauses ohne Aussicht inmitten einer bedrohlichen Umgebung.

Was macht den Film interessant?

Regisseur Jafar Panahi ist den iranischen Behörden ein Dorn im Auge: Sind der Mann und die junge Frau Phantome, Kopfgeburten eines Filmemachers, der nicht mehr arbeiten darf? Jetzt betritt der Regisseur die Szene, die Vorhänge werden wieder aufgezogen. Die Wirklichkeit erhält Einzug, doch wird sie von der Fiktion immer wieder eingeholt. Eine absurde Situation: Zwei Drehbuchgestalten suchen und beobachten ihren Regisseur.

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Prince Avalanche

USA 2013, 94 Min., Regie: David Gordon Green, Darsteller: Paul Rudd, Emile Hirsch

Um was es geht:

Alvin und Lance verbringen den Sommer 1988 in einem von Bränden zerstörten, menschenleeren Waldgebiet. Ihr monotoner Auftrag besteht darin, die Fahrbahnmarkierungen der kilometerlangen Landstraße zu erneuern. Lance leidet unter der Isolation in der Natur, fern von Mädchen und Partys. Ganz im Gegensatz zum ernsteren Alvin. Aus der Ferne schreibt dieser leidenschaftliche Briefe an die große Schwester von Lance, seine Freundin. Sie streiten, prügeln und vertragen sich. Den ganzen langen, drückenden Sommer über machen die beiden nur mit einem mysteriösen Lastwagenfahrer Bekanntschaft, der die beiden mit selbstgebranntem Schnaps versorgt und ebenso unerwartet verschwindet, wie er aufgetaucht ist.

Was macht den Film interessant?

Mit dem Remake des isländischen Films "Either Way" von Hafsteinn Gunnar Sigurðsson knüpft Regisseur David Gordon Green an die Bildsprache seiner frühen Independent-Filme an, die etliche Fans haben.

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Promised Land

USA 2012, 106 Min. Regie: Gus Van Sant, Darsteller: Matt Damon, John Krasinski, Frances McDormand, Rosemarie DeWitt, Hal Holbrook

Um was es geht:

Steve Butler scheint eine große Karriere vor sich zu haben. Das versprechen ihm wenigstens seine coolen Chefs im edlen New Yorker Büro. In Wahrheit soll er das Unmögliche versuchen und mit seiner Kollegin Sue die Bewohner einer amerikanischen Kleinstadt dazu bringen, die Förderrechte für das Erdgas unter ihrem Farmland an eine große Energiefirma zu verkaufen. Mit der umstrittenen Methode des "Fracking" sollen durch das Aufbrechen von Schieferschichten bislang unerreichbare Reserven tief in der Erde erschlossen werden. Butler überredet die Provinzbevölkerung zur Aufgabe ihrer längst unrentabel gewordenen Farmen und verspricht märchenhafte Kaufpreise. Die Risiken der Fördermethode, bei der unkontrolliert gefährliche Chemikalien in den Boden gepresst werden, verschweigt er. Doch er trifft auf Widerstand in der Bevölkerung.

Was macht den Film interessant?

Cannes-Preisträger Gus Van Sant (Elephant) erzählt in Berlin eine Geschichte über die Wahrhaftigkeit: Steve, der selbst auf dem Land groß geworden ist und die Wahrheit kennt, muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. Ist er Agent der Profitinteressen des Konzerns oder kehrt er zu seinen Wurzeln zurück? Ein Politthriller über einen ökologischen Gegenwartskonflikt.

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Pozitia Copilului (Child's Pose)

Rumänien 2012, 112 Min., Regie: Calin Peter Netzer, Darsteller: Luminita Gheorghiu, Bogdan Dumitrache, Florin Zamfirescu

Um was es geht:

An einem kalten Märzabend rast Barbu mit 50 Stundenkilometern mehr als erlaubt über die Straßen und reißt dabei ein Kind mit sich. Der Junge stirbt kurz nach dem Unfall. Als Strafe droht Barbu eine Gefängnishaft zwischen drei und 15 Jahren. Doch seine Mutter Cornelia greift ins Geschehen ein: Die gelernte Architektin, eine Frau aus der rumänischen Oberschicht, die gern mit ihrer Brieftasche voller Kreditkarten hantiert, beginnt ihren Feldzug zur Rettung des lethargischen Sohnes. Zeugen, so hofft sie, könnten durch Bestechung zur Falschaussage gebracht werden. Und vielleicht lassen sich sogar die Eltern des toten Kindes durch Geld beschwichtigen. 

Was macht den Film interessant?

Călin Peter Netzer zeigt eine von Eigenliebe besessene Mutter beim Kampf um ihren verlorenen Sohn. Der mit semidokumentarischen Mitteln rekonstruierte Ablauf einer Nacht und der folgenden Tage eröffnet Einblicke in die moralische Verfassung der rumänischen Bourgeoisie und in den Zustand gesellschaftlicher Institutionen wie Polizei und Justiz.

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La Religieuse (Die Nonne)

Frankreich / Deutschland / Belgien 2012, 114 Min., Regie: Guillaume Nicloux, Darsteller: Pauline Etienne, Isabelle Huppert, Louise Bourgoin, Martina Gedeck

Um was es geht:

Suzanne Simonin erzählt in Briefen ihre Lebens- und Leidensgeschichte: Als junge Frau wird sie von den Eltern gegen ihren Willen in ein Kloster gebracht. Sie soll Ordensschwester werden, da für eine standesgemäße Heirat die nötigen finanziellen Mittel fehlen. Obwohl sie von einer gütigen und verständnisvollen Oberin in den klösterlichen Alltag eingeführt wird, bleibt ihr Freiheitsdrang bestehen. Als die Oberin stirbt, sieht sich Suzanne mit den Repressalien, Demütigungen und Schikanen der neuen Äbtissin und ihrer Mitschwestern konfrontiert.

Was macht den Film interessant?

Denis Diderots Roman wurde bereits mehrmals verfilmt. Jacques Rivette drehte 1966 mit Anna Karina und Liselotte Pulver eine gewagte und kirchenkritische Adaption, die zeitweise von der französischen Zensur verboten wurde. Guillaume Nicloux konzentriert sich auf das Schicksal einer jungen Frau und auf ihren Kampf gegen ein unerbittliches System, das den Einzelnen zermalmt.

Jude Law in "Side Effects"

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Side Effects

USA 2013, 106 Min., Regie: Steven Soderbergh, Darsteller: Jude Law, Rooney Mara, Catherine Zeta-Jones, Channing Tatum

Um was es geht:

Angstzustände, Schweißausbrüche, Herzklopfen machen Emily Taylor das Leben zur Hölle. Dabei sollte sich die junge Frau eigentlich freuen, wird doch ihr geliebter Mann bald aus dem Gefängnis entlassen. Nach seiner Rückkehr verschlimmert sich ihr Gemütszustand jedoch zusehends. Pharmaka stabilisieren sie, aber führen zu geistigen Aussetzern. Eines Tages liegt ihr Ehemann brutal niedergestochen in der Wohnung. Die Blutspur führt zu Emily, die vorgibt, sich an nichts mehr erinnern zu können. Der aufstrebende Psychiater Dr. Jonathan Banks untersucht sie und fragt dabei auch nach den Nebenwirkungen ihrer Medikamente. 

Was macht den Film interessant?

Stets nutzt Steven Soderbergh das Genrekino, um politische Skandale oder gesellschaftliche Zustände zu beschreiben. In seinem Thriller Traffic (Berlinale 2001) zeigte er die Schattenseite der US-amerikanischen Drogenpolitik, nun untersucht er in einem Psychothriller die Machenschaften von Pharmakonzernen. Um die Wahrheit ans Licht zu bringen, muss sein Protagonist Banks manche bittere Pille schlucken.

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Uroki Garmonii (Harmony Lessons)

Regie: Emir Baigazin, Darsteller:Timur Aidarbekov, Aslan Anarbayev, Mukhtar Anadassov, Anelya Adilbekova, Beibitzhan Muslimov

Um was es geht:

Während einer ärztlichen Untersuchung wird der 13-jährige Aslan vor den Augen vieler Mitschüler gedemütigt, was seine latente Persönlichkeitsstörung zum Ausbruch kommen lässt. Ständig befallen ihn Zweifel an sich selbst, zugleich strebt er verbissen nach Sauberkeit und Perfektion. Alles, was ihn umgibt, muss er unter seine Kontrolle bringen. Wegen dieses Zwangs gerät Aslan, der bei seiner Großmutter in einem kasachischen Dorf lebt, in immer ernstere Konflikte. Mit tiefer Abscheu beobachtet er, dass die meisten Mitschüler in einem System krimineller Machenschaften gefangen sind, darunter auch Bolat, von dem sich Aslan besonders erniedrigt fühlt.

Was macht den Film interessant?

In seinem ersten Spielfilm befasst sich der kasachische Hoffnungsträger Emir Baigazin mit der Konfrontation des Individuums mit Mechanismen der Ausgrenzung und Gewalt. Die wachsende Brutalisierung des öffentlichen Lebens bildet dabei den Hintergrund. In kalkulierten Bildern zeigt der Film einen Jungen, der sich wehrt und sich dabei selbst zu zerstören droht.

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Vic+Flo ont vu un ours (Vic+Flo haben einen Bären gesehen)

Kanada 2013, 90 Min., Regie: Denis Côté, Darsteller: Pierrette Robitaille, Romane Bohringer, Marc-André Grondin

Um was es geht:

Erzählt wird die Geschichte von Vic, einer aus dem Gefängnis entlassenen Frau, die nach Ruhe sucht. In den Wäldern Kanadas quartiert sie sich im Haus eines Verwandten ein. Dort bekommt sie Besuch von ihrer Geliebten Flo. Die beiden leben in den Tag hinein, erkunden mit einem Caddy die Landschaft und genießen die Natur. Alles könnte so schön sein, wenn nur der unorthodox arbeitende Bewährungshelfer nicht ständig an der Tür klopfen würde. Auch beunruhigen Vic die Ausflüge ihrer Freundin in die Bars der Umgebung. Es mehren sich die Zeichen einer heraufziehenden Bedrohung. 

Was macht den Film interessant?

Seltsame Figuren, skurrile Regieeinfälle und eine mysteriöse Atmosphäre - der Filmkritiker, Dokumentar- und Spielfilmregisseur Denis Côté erschafft eine Welt mit ihrer eigenen unberechenbaren Wirklichkeit.

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W imie ... (In the Name of ...)

Polen 2012, 96 Min., Regie: Malgoska Szumowska, Darsteller Andrzej Chyra, Mateusz Kosciukiewicz, Maja Ostaszewska

Um was es geht:

Adam, ein katholischer Priester, der erst im Alter von 21 Jahren seine Berufung als Diener Gottes entdeckt hat, lebt in einem Dorf in der polnischen Provinz und hat dort vor allem mit schwer erziehbaren Heranwachsenden zu tun. Die eindeutigen Avancen von Ewa, einer blonden jungen Frau, lehnt er mit den Worten ab, er sei schon vergeben. Doch er weist ihre Leidenschaft nicht nur wegen des Zölibats ab, sondern weil er weiß, dass er Männer liebt und die Hinwendung zum Priesterberuf auch eine Flucht vor der eigenen Sexualität gewesen ist. Als er Łukasz begegnet, fällt ihm die selbst gewählte Enthaltsamkeit immer schwerer. 

Was macht den Film interessant?

Mit ihrem Film wagt sich Małgośka Szumowska an das Thema der Homosexualität unter Priestern. Dabei erlebt die Hauptfigur, mit ihrer "verbotenen" Lust konfrontiert, Momente des Glücks, aber auch der tiefsten Verzweiflung. Bereits im vergangenen Jahr war die Regisseurin mit einem Film bei der Berlinale zu Gast, der das Thema Sexualität in provokanter Weise aufgriff: In "Elles" (mit Juliette Binoche in der Hauptrolle) wird Prostitution von Frauen als Form der Selbstbestimmung und als legitimes Mittel für gesellschaftliche Teilhabe beschrieben.

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Before Midnight (außer Konkurrenz)

USA / Griechenland 2013, 108 Min., Regie: Richard Linklater, Darsteller: Ethan Hawke, Julie Delpy, Xenia Kalogeropoulou, Ariane Labed, Athina Rachel Tsangari

Um was es geht:

Ihre Dialoge über die Liebe und das Leben, über Gott und die Welt begannen vor 17 Jahren: In "Before Sunrise" (1995) lernten sich der Amerikaner Jesse und die Französin Céline im Zug nach Wien kennen. Sie philosophierten, argumentierten, flirteten während eines nächtlichen Spaziergangs durch die Stadt. Im Morgengrauen gab es am Bahnsteig das Versprechen eines Wiedersehens. Doch erst neun Jahre später kreuzten sich ihre Wege in "Before Sunset" (2004) erneut. Die beiden verbrachten einen Tag in Paris zusammen, tauschten sich über ihre unglücklichen Beziehungen aus und entdeckten dabei ihre Gefühle füreinander aufs Neue.

Was macht den Film interessant?

Wer schon immer wissen wollte, wie es mit Jesse und Céline weitergegangen ist, erfährt dies nun in "Before Midnight". Und welch Überraschung: Sie sind damals zusammengeblieben. Mit ihren Töchtern verbringen sie den Urlaub in Griechenland. Und noch immer ist die Welt der Gefühle ihr favorisiertes Thema. Mittlerweile aber steht die eigene Beziehung auf dem Prüfstand, denn der Alltagstrott hat seine Spuren hinterlassen. Wieder macht sich in den Dialogen das Leben breit, und wieder ist der Ausgang ungewiss: Kann eine romantische Nacht im Hotel die Liebe retten?

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Dark Blood (außer Konkurrenz)

Niederlande 2012, 86 Min., Regie: George Sluizer, Darsteller: River Phoenix, Judy Davis, Jonathan Pryce, Karen Black, George Aguilar

Um was es geht:

Boy, ein verwitweter junger Mann mit indianischen Wurzeln, lebt in einer durch Nukleartests verseuchten Wüste in den USA. Hier wartet er auf das Ende der Welt, umgeben von Voodoo-Puppen der Ureinwohner, die magische Kraft besitzen sollen. In dieses Refugium brechen unerwartet Harry und Buffy ein, die eine späte zweite Hochzeitsreise angetreten haben, um zu prüfen, ob ihre Ehe noch eine Zukunft hat. Als ihr Bentley streikt, bietet Boy seine Hilfe an. Doch dann beginnt er, die beiden wie Gefangene zu halten, weil er hofft, gemeinsam mit Buffy in eine bessere Welt hinüberwechseln zu können.

Was macht den Film interessant?

Nach dem plötzlichen Tod des Hauptdarstellers River Phoenix zehn Tage vor Abschluss der Dreharbeiten 1993 fiel das Filmmaterial zu "Dark Blood" an die Versicherung, die für den Drehabbruch aufkam. Jahre später konnte Regisseur George Sluizer das Material vor der Vernichtung bewahren. Im Januar 2012 begann er mit der Endfertigung seines Films, wobei er sich entschloss, die fehlenden Szenen im Off aus dem Drehbuch vorzulesen. Sein Film ist ein existenzialistischer Spätwestern geworden.

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Nachtzug nach Lissabon (außer Konkurrenz)

Deutschland / Schweiz / Portugal 2013, 110 Min., Regie: Bille August, Darsteller: Jeremy Irons, Mélanie Laurent, Jack Huston, Martina Gedeck, Tom Courtenay

Um was es geht: 

Als der Berner Lateinlehrer Raimund Gregorius auf ein Buch des portugiesischen Dichters und Arztes Amadeu de Prado stößt, lässt er alles stehen und besteigt den Nachtzug nach Lissabon. Er muss mehr erfahren über diesen Autor, den die gleichen Fragen nach der menschlichen Existenz umtreiben wie ihn selbst. Seine Suche nach Amadeu quer durch Lissabon fördert das widersprüchliche Bild eines klugen und mutigen, aber auch zerrissenen Mannes zutage, der zur Zeit von Salazars Diktatur lebte. Der Sohn eines systemkonformen Richters, hatte seinen engsten Freund in Jorge, dem Sohn eines oppositionellen und verfolgten Offiziers, gefunden. Die Freundschaft drohte zu zerbrechen, als er, seinem Eid gehorchend, einem Folterknecht des Regimes das Leben rettete. Doch dann musste auch er in den Widerstand abtauchen. Dort lernte er die schöne, kluge Estefania kennen und lieben - Jorges Freundin ...

Was macht den Film interessant?

"Nachtzug nach Lissabon" ist ein ambitioniertes Projekt, denn der Film beruht auf dem gleichnamigen Bestseller von Pascal Mercier, den viele Leser für unverfilmbar halten. Ob  Regisseur Bille August sie eines Besseren belehren kann? Zumindest konnte er seinen Film mit Martina Gedeck und Jeremy Irons hochkarätig besetzen.

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Die Croods (Außer Konkurrenz)

USA 2013, 90 Min., Regie: Kirk DeMicco, Chris Sanders, Stimmen der Figuren: Nicolas Cage, Ryan Reynolds, Emma Stone

Um was es geht:

Als ihre Höhle zerstört wird, muss Steinzeitfamilie Croods in einer fremden unberechenbaren Welt ein neues Zuhause finden. Mutter Natur ist noch in der Experimentierphase und bringt die ungewöhnlichsten Schöpfungen hervor. Wem sollen die letzten Überlebenden der prähistorischen Ära auf ihrer Reise ins Ungewisse folgen: Grug, dem Vater und Stammesoberhaupt, der in allem Unbekannten eine Gefahr sieht? Oder doch lieber dem jungen Guy, der voller neuer Ideen steckt und sich, sehr zu Grugs Missfallen, auch noch in dessen aufgeweckte Tochter Eep verliebt? In einer gefährlichen Welt scheint die einfallsreiche Jugend der bessere Garant fürs Überleben zu sein, was für Papa Grug schmerzlich ist. Doch schließlich profitieren alle davon, dass sie lernen, ihre Ängste zu überwinden. 

Was macht den Film interessant?

In 3-D kreieren Christopher Sanders und Kirk DeMicco eine Fabelwelt, in der Familienstrukturen bestehen, die von der Steinzeit bis heute unverändert scheinen. Bei der Vorstellung des Films gab sich Festivalchef Dieter Kosslick überzeugt davon, dass "Die Croods" so ziemlich der letzte Schrei seien, den die Animationstechniken böten.

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Yi dai zong shi (The Grandmaster) (außer Konkurrenz)

Hongkong / China 2012, 120 Min. Regie: Wong Kar Wai, Darsteller: Tony Leung Zhang Ziyi Chang Chen

Um was es geht:

Die Geschichte zweier Kung-Fu-Meister: Er kommt aus dem Süden Chinas, sie aus dem Norden. Sein Name ist Ip Man, ihrer Gong Er. Ihre Wege kreuzen sich 1936 in seinem Heimatort Foshan. China droht im Chaos zu versinken, es besteht die Gefahr einer Teilung des Landes in Nord und Süd. Gong Ers Vater, ein anerkannter Großmeister, reist ebenfalls nach Foshan. In dem legendären Bordell Gold Pavillon, Treffpunkt der Martial-Arts-Welt, soll er in einer Zeremonie als Kämpfer verabschiedet werden.

Was macht den Film interessant?

Eine Geschichte um Verrat, Herausforderung, Ehre und Liebe, die vor dem Hintergrund von Kriegswirren und Besatzung spielt. Schon einmal schaute sich Wong Kar Wai im Genre des Martial-Art-Films um. "Ashes of Time" (1994) ist ein von tiefer Melancholie geprägtes Werk: Klirrende Schwerter, boxende Fäuste, akrobatische Körper - auch in "The Grandmaster" ist die äußere Action nicht von den inneren Kämpfen der Helden zu trennen.

© Süddeutsche.de/pak
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