Album "Carlo Cokxxx Nutten III" von Bushido:Auf die Fresse, ohne Finesse

Bushido vor Gericht

Meint er wirklich alles so, wie er es da sagt?

(Foto: dpa)

Er hatte einen Superproll-Trashtalk-Tourette-Anfall angekündigt - und den gibt's dann auch: Bushido gibt auf seinem neuen Album "Carlo Cokxxx Nutten III" wieder den Oberassi-Gangster.

Von Jens-Christian Rabe

Bushido hat ein neues Album veröffentlicht. Der Titel ist unmissverständlich: Es heißt "Carlo Cokxxx Nutten III". Antworten auf die fünf wichtigsten Fragen, die sich nun stellen.

Warum tun wir uns so was an?

Weil man sich nicht immer aussuchen kann, wer die Menschen sind, für die sich viele, viele andere Menschen gleichzeitig interessieren. Und Bushido hat es nun einmal in den vergangenen gut zehn Jahren geschafft, DER deutsche Gangster-Rapper zu sein. Mit allem was dazugehört: Nummer-eins-Alben, Reichtum, Ruhm, Bernd-Eichinger-Kinofilm über sein Leben, Bambi für Integration, Praktikum bei einem schwäbischen CDU-Bundestagsabgeordneten, Duo mit Karel Gott, Lob von Peter Maffay, Freundschaftskündigung von Peter Maffay, wüsteste Beschimpfungen aller seiner Feinde (Studenten, Grünen-Wähler, Homosexuelle, FDP-Politiker), fragwürdige Verbindungen in die Berliner Unterwelt und so weiter.

Was gibt's also zu hören?

Tja, Bushido hatte einen Superproll-Trashtalk-Tourette-Anfall angekündigt, der Albumtitel "Carlo Cokxxx Nutten III" liest sich ja schon recht unmissverständlich. Und den Superproll-Trashtalk-Tourette-Anfall gibt's dann auch. Keine Gäste, nur Bushido, ein paar vergleichsweise unspektakuläre, gediegen stumpfe Beats und die Tiraden. Keine Finesse, einfach nur auf die Fresse.

Die Handlung ist schnell erzählt: Es geht um Drogenhandel, Prostitution, Gewalt, das harte Ghettoleben. Und Bushido alias Sonny Black ist der Oberassi-Gangster, der, nun ja, alle Fotzen fickt, die sich ihm schon in den Weg gestellt haben, gerade stellen oder womöglich gerade mit dem Gedanken spielen, sich ihm in den Weg stellen zu können.

Und meint er - oje, oje - wirklich alles so, wie er es da sagt? Na ja, wenn ihn Günther Jauch oder die Tagesthemen übermorgen fragen, dann nicht mehr. Dann war's sein Alter Ego Sonny Black, nur Kunst und Spiel. Ach, das gute alte lyrische Ich. Sein Erfolg beruht aber natürlich schon darauf, dass er es ganz gut schafft, den Bösewicht recht glaubhaft zu geben. Was im Übrigen viel schwieriger ist, als man denkt. Bushido ist kein außergewöhnlich talentierter Rapper, er prollt eher aggressiv, aber wenig beweglich im Takt herum. Zweifellos allerdings hat er, was man in Amerika "Attitude" nennt. Gangster-Rap-Texte klingen nämlich - läse man sie etwa irgendwo nur auf einem Blatt Papier - oft wie ihre eigene Parodie: "Ich ficke Eure Mütter / und die Schwiegermütter auch."

Etwas irritierend ist vielleicht nur, dass CCN 3 trotz aller ausgestellter Aggro-Attitüde gegen das im vergangenen Jahr erschienene Bushido-Album "Sonny Black" sowohl musikalisch als auch textlich fast zahm wirkt. Und den mitunter wirklich spektakulären, weil musikalisch und technisch originelleren deutschen Gangster-Rap machen im Moment ohnehin eher Haftbefehl und seine Jungs in Frankfurt am Main.

Bester Moment?

Die Zeile: "Ich bin Ersguterjunge-CEO / wenn ich komme sucht Dein Vater seine Libido." Dicht gefolgt von: "Ich zertrampel Deinem Bruder seine Legoburg / Schneid' Dir bitte endlich mal die Haare jetzt, Du Fehlgeburt."

Und wer bitte kauft so was?

Alle natürlich, die an Superproll-Trashtalk-Tourette-Anfällen ihren Spaß haben. Gut möglich, dass das nach Lage der Dinge mehr sein werden, als in ein großes Fußballstadion passen. Was aber nicht heißt, liebe Lehrer, dass die jedes Wort zum Nennwert nehmen oder ihnen in einem anderen Moment nicht auch mal etwas ganz anderes, womöglich überhaupt nicht Asoziales gefällt. Sie werden dann vielleicht dem Wort "Libido" wieder begegnen und glücklich sein, dass sie sich damals, als sie es bei Bushido zum ersten Mal gehört haben, gleich erkundigt haben, was es heißt.

Ist die Platte also doch keine Gefahr für die innere Sicherheit unseres Landes?

Unwahrscheinlich. Tatsache ist aber auch, dass man ebenso wenig wirklich wollen kann, dass sich deutsche Rap-Stars beim Bambi auszeichnen lassen und Duette mit Karel Gott aufnehmen. Abgesehen davon gilt: Man kann auch mal eine XXXL-Tüte Chips vor dem Fernseher essen, ohne sofort eine ernste Gefahr für die allgemeine Gesundheitsfürsorge zu sein. Man kann es aber auch einfach lassen.

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