Afrika:Unverstellter Blick

Afrika: Ein schmächtiges Bäumchen, das offenbar einen prächtigen Ausblick bietet: Constantin Ilbodo aus Burkina Faso hat seine Freunde fotografiert.

Ein schmächtiges Bäumchen, das offenbar einen prächtigen Ausblick bietet: Constantin Ilbodo aus Burkina Faso hat seine Freunde fotografiert.

(Foto: Constantin Ilbodo)

Die Ausstellung "Kids behind the Camera" im Museum Fünf Kontinente

Von Franziska Rentzsch

Zum Ende ihres Fotografie-Studiums wurde für Marie Köhler eines immer deutlicher: Mit den gemeinsam erlernten Bildstandards schienen sich auch die Arbeiten der Studenten mehr und mehr anzugleichen. Für ihr eigenes Masterprojekt setzte sie sich daher zum Ziel, einen individuelleren Zugang zur Fotografie wiederzufinden, weniger vorhersehbare Blickwinkel, weniger befolgte Regeln.

Ein Ergebnis ihrer Suche ist von heute an in der Ausstellung "Kids behind the Camera. Mach dir ein Bild" im Münchner Museum Fünf Kontinente zu sehen: Hierfür hat Marie Köhler Kindern aus Burkina Faso und Ruanda analoge Kameras in die Hand gegeben und sie losgeschickt, die eigene Umwelt zu erkunden und zu dokumentieren - bewusst ohne künstlerische Anleitung. Denn nachdem die Kinder die technischen Grundlagen der Fotografie erlernt hatten, entwickelten sie schon bald ganz individuelle Strategien im Umgang mit der Kamera. Für viele sei sie sogar zu einem ständigen Wegbegleiter geworden. "Ich finde es wichtig, dass Kinder neben Schreiben und Lesen noch eine weitere Sprachform kennenlernen", sagt Köhler. Die Fotografie sei genau so eine Sprachform, mit der sich jeder künstlerisch mitteilen und seine Welt bewusster wahrnehmen könne. Seit 2013 hat Köhler in ihren Workshops mehr als 600 gespendete Kameras an Kinder verteilt und mit ihnen ein Archiv von etwa 50 000 Bildern zusammengetragen. "Ich scanne die Fotos für die Kinder ein, aber sie entscheiden später selbst, welche ausgestellt werden", sagt Köhler.

Mit ihrem Projekt hat sie so nicht nur den Weg zu einem offeneren Umgang mit dem Medium der Fotografie gefunden. Die nun in Deutschland ausgestellten Bilder ermöglichen zudem, kulturelle Stereotypen zu hinterfragen: "Die Ausstellung leistet einen guten Beitrag, um unseren oft klischeebehafteten Blick auf Afrika zu durchbrechen", sagt auch Stefan Eisenhofer, der Leiter der Abteilung Afrika und Nordamerika im Museum Fünf Kontinente. "Denn die meisten Bilder, die wir in Europa von Afrika kennen, haben wir selbst gemacht", ergänzt Köhler, die erstmals als 15-Jährige nach Südafrika reiste und feststellen musste, dass so vieles, was man ihr über das Land erzählt hatte, einfach nicht stimmte. Zwischen den romantisierten Bildern der Safari-Touristen auf der einen und den Fotos von Hilfsorganisationen aus Elendsvierteln auf der anderen Seite, gebe es noch so vieles, das im Verborgenen bliebe. "Ich betone immer wieder, dass mein Projekt kein Hilfsprojekt ist, sondern ein Austausch, der allein im Miteinander entsteht", sagt Marie Köhler.

Der Austausch hat mittlerweile eine große Auswahl starker Fotografien in unverstellter Bildsprache hervorgebracht, die Einblicke geben, in das tägliche Leben von Kindern in Burkina Faso und Ruanda. Eine Fortsetzung des Projekts in der Demokratischen Republik Kongo und in Ghana ist bereits geplant.

Kids behind the Camera; bis 7. Januar 2018, Museum Fünf Kontinente, Maximilianstr. 42

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