Afrika im Film:Irgendwo in Afrika

Gleißende Sonne über der Steppe, eine Gazelle an der Wasserstelle, eine blonde Europäerin schnuppert an roter Erde - das Afrikabild im Film ist voller Klischees. Drei Kategorien, wie Hollywood und deutsche Filmemacher den Kontinent sehen.

Katharina Riehl

12 Bilder

Meryl Streep und Klaus Maria Brandauer in "Jenseits von Afrika", 1985

Quelle: SZ

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Die gleißende Sonne über der Steppe, eine Gazelle an der Wasserstelle, eine blondschopfige Europäerin schnuppert versonnen an roter Erde: Das Afrikabild in Kinoproduktionen ist meist recht ähnlich - und voller Klischees.

Das Wissen des durchschnittlichen Europäers über den schwarzen Kontinent dürfte sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte beschränken: Landschaftlich ist es dort ziemlich schön (wilde Tiere und so) - die Situation der Menschen dort (Armut, Aids, Gewalt) ist weniger idyllisch.

Anhand dieser dürftigen Kenntnisse über den Kontinent mit den immerhin 53 Staaten lassen sich auch schon die Afrika-Filme der letzten Jahrzehnte in drei Kategorien unterteilen: Das Prinzip der ersten Kategorie ist einfach: Weiße Frau (mit oder ohne Gatte) wird von widrigen Umständen unterschiedlicher Art nach Afrika getrieben, versucht sich dort ein Leben aufzubauen - und kommt erst unter der afrikanischen Sonne wirklich zu sich selbst. Die Mutter aller Afrika-Romantik-Filme ist natürlich Jenseits von Afrika aus dem Jahr 1985. Meryl Streep (hier im Bild mit Klaus Maria Brandauer) spielt darin ...

JENSEITS VON AFRIKA

Quelle: ag.dpa

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... die Rolle der dänischen Schriftstellerin Karin Blixen, auf deren gleichnamigen Autobiografie der Film beruht: 1913 wandert Blixen (Streep) mit ihrem Ehemann (Brandauer) nach Kenia aus, wo sie eine Kaffeefarm bewirtschaften muss. Ihre große Liebe findet sie aber erst im Großwildjäger (was sonst?) Denys Finch Hatton, gespielt von Robert Redford. In diesem Afrika haben die Weißen das Sagen. Ein bisschen Exotik, ein bisschen Romantik, ein schöner spätkolonialer Traum.

NINIDZE KOEHLER

Quelle: AP

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Auch wenn nicht nur der Titel dieses Afrika-Films stark an Sidney Pollacks US-Vorbild erinnert - Caroline Links Nirgendwo in Afrika ist dem Kontinent im Jahr 2001 ein wenig näher gekommen: Klar gibt es auch hier Steppe, Tier und Wüstensand; natürlich spielt Afrika nur eine beschränkte Rolle: In der Geschichte einer jüdischen Familie (im Bild: Juliane Köhler und Merab Ninidze), die 1938 vor den Nazis nach Kenia flüchtet, tritt Afrika in der Rolle des Exils auf. Doch Caroline Link drehte in einem abgelegenen Dorf fern aller Zivilisation, um möglichst authentische Bilder einzufangen (und sorgte später dafür, dass den Menschen in dem Dorf auch weiterhin geholfen wird). Sie gewann für diesen Film, der mehr die deutsche Seele erklären wollte als die afrikanische, einen Oscar. Und es sollte bald ...

Die weiße Massai

Quelle: SZ

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... den nächsten deutschen Afrika-Film geben: 2005 verfilmte Hermine Huntgeburth Die weiße Massai, den Erlebnisbericht der Schweizerin Corinne Hofmann, die einen Buschmann geheiratet und mit ihm vier Jahre zusammengelebt hat. Dieser schöne schwarze Mann (Jacky Ido) mit der mindestens so schönen blonden Frau (Nina Hoss) im Arm sagt zwar nicht allzu viel, sondern dient eher als Projektionsfläche erotischer Fantasien. Das Ganze wird mit ein paar afrikanischen Allgemeinplätzen verrührt: hübschen Landschaften und ein bisschen Afrika für Anfänger. Gewarnt wird: "Frauen gelten hier nichts".

Doch nicht nur schöne Landschaften kennt der Afrika-Film - sondern natürlich auch die wilden Tiere, womit wir bei Kategorie zwei angelangt wären:

Elsa Martinelli in "Hatari", 1962

Quelle: SZ

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Bekanntestes Beispiel für dieses Film-Afrika ist Howard Hawks' Hatari! aus dem Jahr 1962. Der Film spielt auf einer Großwildfarm in Tansania. Die Fotografin Dallas (Elsa Martinelli) kommt auf die Ranch und freundet sich mit einem niedlichen kleinen Elefantenbaby an. Wer möchte das nicht?

Dass lustige exotische Rüssel- und Mähnentiere ein gutes Argument sind, Menschen ins Kino zu locken ...

"Der König der Löwen"

Quelle: ag.dpa

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... hat man natürlich auch dort bemerkt, wo man sich auf niedliche Tiere aller Kontinente spezialisiert hat: In Disneys Der König der Löwen muss das Löwenjunge Simba gegen einen fiesen Onkel kämpfen, um König zu werden.

Liebe und Selbstfindung im Exil, possierliche Tierchen - während in den einen Filmen Afrika oft wirkt wie ein Reisekatalog in bewegten Bildern, zeigen andere Filme den Kontinent in Verbindung mit Gewalt.

Kennedys Hirn

Quelle: SZ

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In diesen Streifen der dritten Kategorie laufen dann gerne Weiße mit vor Schreck geweiteten Augen durch das Land, erstarrt ob der schrecklichen Grausamkeiten die dort geschehen (wie zum Beispiel Iris Berben in der Mankell-Verfilmung Kennedys Hirn), weswegen es schon beinahe gewagt erscheint ...

Hotel Ruanda

Quelle: SZ

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... wenn ein Film auf so einen Identifikations-Gutmenschen verzichtet: Im Jahr 2005 zum Beispiel kam Hotel Ruanda in die Kinos, ein Film über den Völkermord in Ruanda. Nick Nolte (l.) spielt darin den kanadischen Colonel Oliver, der wie alle Hilfstruppen der UNO mit der Situation überfordert ist und keinen Ausweg bieten kann. Das Hotel Ruanda, in dem sich die Flüchtlinge sammlen, wird zum Inbegriff der Situation in diesem Land: Gerettet werden erst die Weißen, dann die Schwarzen, erst die Reichen, dann die Armen.

LEONARDO DICAPRIO, DJIMON HOUNSOU

Quelle: AP

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Auch politisch, aber ein wenig stärker am Markt des Hollywood-Films orientiert, setzte sich dieser Film aus dem Jahr 2007 mit Afrika auseinander. Blood Diamond  erzählt von den Diamantenkriegen in Sierra Leone. Zugedröhnte Kindersoldaten, Flüchtlingselend, auch Blood Diamond bietet alles, was der klassische Film zu den dunklen Seiten Afrikas so braucht - nur dass der weiße Retter des schwarzen Mannes (Leonardo Di Caprio) hier ein keineswegs uneigennütziger Söldner und Diamantenschmuggler ist.

Dass kritisches Kino durchaus seine Wirkung haben kann, zeigte sich, als die Diamantenindustrie schon Monate vor der US-Premiere mit einer riesigen Image-Kampagne dagegenhielt.

Peter Ustinov und David Niven in 'Tod auf dem Nil', Großbritannien 1978

Quelle: ddp

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Manchmal aber ist Afrika auch einfach nur Kulisse, ohne das dem exotischen Sehnsuchtsort eine große eigene Rolle zugeschrieben würde. Peter Ustinov (hier mit David Niven) zum Beispiel fuhr 1978 in Tod auf dem Nil als Kommissar Hercule Poirot den Fluss hinunter, kommt in völlig zusammenhangsloser Reihenfolge an irgendwelchen ägyptischen Sehenswürdigkeiten vorbei - und klärt dabei natürlich ohne große Mühe einen Mord auf.

Szene aus dem Film 'Die Götter müssen verrückt sein', 1982

Quelle: SZ

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Und was ist eigentlich mit dem afrikanischen Film? Gerade ein Blick darauf, welche Art von Filmen auf dem Kontinent gedreht werden, zeigt, wie wenig einfallsreich sich die westliche Filmindustrie mit Land und Leuten auseinandersetzt. Während das politische afrikanische Kino vor allem versucht, das Land anders darzustellen als in den Projektionen des Westens (Wilde vor untergehender Sonne), gibt es auch durchaus satirische Wege, Afrika zu zeigen: Einer der wenigen afrikansichen Filme, die es bei uns zu breiterer Bekanntheit gebracht haben, ist der botsuanische Film Die Götter müssen verrückt sein aus dem Jahr 1982. Kein Krieg, keine Selbstfindung stehen hier im Mittelpunkt, sondern eine Colaflasche. Die fällt plötzlich vom Himmel und bringt einen Stamm in der Kalahari-Wüste ziemlich durcheinander.

Meine Heimat Afrika

Quelle: ARD Degeto

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Wenn jetzt, zur Fußball-Weltmeisterschaft, Menschen wie Franziska van Almsick mit einem Mikro durch Südafrika fahren, und Tiere und Ureinwohner filmen, und alles ganz großartig finden, dann darf das nicht wundern: Vor allem der deutsche Fernsehfilm ist ein großer Freund des filmischen Wohlfühl-Afrikas. Da fährt dann alle paar Monate eine andere deutsche Schauspielerin mittleren Alters (Jutta Speidel, Christine Neubauer (Foto), Hannelore Hoger) Richtung Süden, Meine Heimat Afrika oder Afrika mon amour heißen diese Filme. Meist haben die Frauen ein dunkles Familiengeheimnis im Gepäck und einiges an Selbstfindung aufzuholen. Oh, wie schön ist Afrika. 

© sueddeutsche.de/kar
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