Rang 2: Lady Gaga (3554 Punkte bei 1433 Stimmen, es konnten bis zu vier Punkte vergeben werden)
2010 war ihr Jahr: Lady Gaga, die fleischgewordene Exzentrik. Wie ein sich langsam aufbauender Hurrikan ist die US-amerikanische Pop-Sensation, deren Debutalbum Fame bereits 2008 erschien, über den Erdball gefegt. Kein Tag verging, an dem die 24-Jährige nicht für Schlagzeilen sorgte, sei es mit einem skandalösen Video, einem neuen Branchenrekord oder einem extravaganten Outfit. Ihr Auftritt in einem Fleischfetzen-Ensemble bei den MTV Video Music Awards in Los Angeles ist jetzt schon legendär, und wurde wenige Wochen später millionenfach kopiert - auf Halloween-Kostümparties.
"Die Gaga" ist innerhalb kürzester Zeit zur Königin des Pop aufgestiegen. Mit Lolitas wie Britney Spears hat die als Stefani Joanne Angelina Germanotta in New York geborene Gaga wenig gemein. Selbst wenn sie sich, nur mit pinken Luftblasen bedeckt, auf einem Magazincover räkelt, tut sie das mit einer ordentlichen Portion Selbstironie. Lady Gaga kokettiert nicht, sondern verstört - wie einst eine andere italo-amerikanische Pop-Diva mit Hang zur exhibitionistischen Selbstinszenierung.
Jedoch ist Lady Gaga auf bestem Wege, ihrem Vorbild Madonna den Rang abzulaufen. Auf Youtube sahen in diesem Jahr mehr eine Milliarde Besucher ihre Videos - so häufig wurde kein Künstler zuvor angeklickt. Bei den Video Music Awards in Los Angeles räumte sie acht Trophäen ab, war aber für insgesamt 13 Preise nominiert - ein Rekord in der Geschichte der Musikpreise des US-Senders MTV. Beim Internetdienst Twitter brach sie ebenso einen Rekord wie bei Facebook, wo sie das erste Mitglied mit mehr als zehn Millionen Anhängern wurde - noch vor Präsident Obama. Und Madame Tussauds hat Lady Gaga jüngst mit acht wächsernen Doppelgängern, die zeitgleich in acht Städten weltweit präsentiert wurden, die größte Figurenenthüllung in der Geschichte des Wachsfigurenkabinetts gewidmet.
Trotz millionenfach verkaufter Alben gerät beim Gesamtkunstwerk Gaga die Musik beinahe in den Hintergrund. Dabei ist ihr musikalischer Erfolg kein Zufall, die Frau versteht ihr Handwerk: Die von David Bowie und Queen geprägte Lady Gaga studierte an der New Yorker Tisch School of the Arts und feierte in Underground-Klubs in der Lower East Side erste Erfolge. Noch vor ihrer Solokarriere machte sich die in der Schwulenszene vergötterte "Lady GodGa" (US-Blogger Perez Hilton) als Songwriterin einen Namen, etwa für die Pussycat Dolls.
Obwohl sie ganz oben im Pop-Olymp angekommen ist, geht Lady Gaga außerordentlich herzlich mit ihren Fans (Kosename: "Little Monsters") um und steigt mit ihnen für ein Erinnerungsfoto schon mal in eine Fotokabine. Die Diva zeigt auch ihre zerbrechlichen Seiten, etwa wenn sie beim Talkmaster Larry King über die bei ihr diagnostizierte Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes spricht. Trotz einiger Schwächeanfälle will Gaga nicht kürzertreten. "Wenn ich morgens aufwache, fühle ich wie jedes andere 24-jährige Mädchen", sagte Gaga dem Rolling Stone. "Dann sage ich mir, 'du Miststück, du bist Lady Gaga, du stehst auf und gehst heute deinen Weg'."
Katarina Lukac