Aachen:Karlspreis geht an italienischen Geistlichen

Der katholische Diplomat Andrea Riccardi erhält den Aachener Karlspreis 2009. Er tritt damit die Nachfolge von Angela Merkel an.

Der Internationale Karlspreis geht im kommenden Jahr an den Gründer der weltumspannenden katholischen Laienorganisation Sant'Egidio, Andrea Riccardi. Der italienische Historiker erhält die Auszeichnung am Tag von Christi Himmelfahrt, am 21. Mai 2009, im historischen Krönungssaal des Aachener Rathauses, wie das Karlspreis-Direktorium am Samstag mitteilte.

Aachen: Andrea Riccardi ist Gründer der weltumspannenden katholischen Laienorganisation Sant'Egidio.

Andrea Riccardi ist Gründer der weltumspannenden katholischen Laienorganisation Sant'Egidio.

(Foto: Foto: dpa)

In der Person Riccardis werde ein "herausragendes Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements für ein menschliches und innerhalb wie außerhalb seiner Grenzen solidarisches Europa, für die Verständigung von Völkern, Kulturen und Religionen und für eine friedlichere und gerechtere Welt" geehrt. Andrea Riccardi wurde den Angaben zufolge am 16. Januar 1950 in Rom geboren und ist seit 1981 als Hochschullehrer für Zeit- und Kirchengeschichte tätig.

Die Gemeinschaft von Sant'Egidio, die Riccardi als Gymnasiast 1968 gemeinsam mit einigen Freunden in Rom gründete, wuchs sich in den vergangenen vier Jahrzehnten zu einem weltumspannenden Beziehungsnetz aus, das nach eigenen Angaben über 50.000 Mitglieder zählt, die in mehr als 70 Ländern auf vier Kontinenten engagiert sind, wie das Direktorium weiter mitteilte. Neben dem gemeinsamen Gebet und der Weitergabe des Evangeliums haben sich die ehrenamtlich tätigen Mitglieder der Gemeinschaft die Freundschaft mit den Armen, die Ökumene und den Dienst am Frieden zum Ziel gesetzt.

International nimmt sich die Gemeinschaft besonders der Aidskranken in Afrika an. Weltweite Aufmerksamkeit erregten Riccardi und seine Mitstreiter spätestens zu Beginn der 90er Jahre. Über die Lieferung von Hilfsgütern und einfache Aufbauprojekte mit den Kriegswirren in Mosambik in Berührung gekommen, wurden sie zu Vermittlern bei den Verhandlungen, die nach mehr als anderthalb Jahrzehnten Bürgerkrieg zum Friedensschluss führten.

Für weltweite Ächtung der Todesstrafe

Seither bemühen sich Riccardi und Sant'Egidio "abseits der diplomatischen Hauptstraßen" um die Vermittlung in einer Vielzahl von Konfliktherden in der Welt in Algerien und Burundi, in Guatemala und im Kongo, in Uganda ebenso wie im Kosovo und in zahlreichen weiteren Krisenregionen. Außerdem setzt sich die Organisation für die weltweite Ächtung der Todesstrafe ein. Seit rund zwei Jahrzehnten organisiert sie die jährlichen Friedensgebete.

Wegen ihres Einsatzes für den Frieden und der nachhaltigen Verdienste um den interreligiösen und interkulturellen Dialog wurden Sant'Egidio und Andrea Riccardi bereits vielfach ausgezeichnet, so unter anderem mit dem Weltfriedenspreis der Methodisten (1997) und der Mahatma-Gandhi-Silbermedaille der UNESCO (1999).

Mit dem Karlspreis werden seit 1950 Persönlichkeiten oder Institutionen geehrt, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben. Im vergangenen Jahr erhielt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Auszeichnung. Zu den bisherigen Preisträgern gehören auch der frühere britische Premierminister Tony Blair und der ehemalige US-Präsident Bill Clinton.

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