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Literatur: Von einem blumenverliebten Raben erzählt Walid Taher.

Von einem blumenverliebten Raben erzählt Walid Taher.

(Foto: Walid Taher)

Die Internationale Jugendbibliothek und die Stadtbibliothek verfügen über 120 neue arabischsprachige Kinderbücher

Von Barbara Hordych

Der liebenswürdige Rabe Ward züchtet Blumen und verkauft sie in seinem Laden. Ward bedeutet "Blume" und deshalb wird er Ward al-Wardani (Blume der "Blumer") genannt. Doch seine Geschäfte laufen immer schlechter, meist sitzt er alleine in seinem Laden. Im Kaffeehaus befragt er seine Freunde, warum niemand mehr Blumen kaufen wolle. Die Antworten, die von Zeitmangel und Hektik im Leben der modernen Menschen künden, bringen Ward auf eine Idee, mit der er seine Geschäfte wieder ankurbeln kann. "Er bietet eine Art mobilen Kundenservice an, liefert seine Blumen fortan mit dem Fahrrad aus", sagt Walid Taher. Der ägyptische Autor und Illustrator lebt seit 2016 in Marseille und ist einer der international bekanntesten Vertreter der arabischsprachigen Kinderliteratur. Für die in gereimten Versen erzählte Geschichte vom "einsamen Blumer" gestaltete er auch die witzigen Farbillustrationen.

Sein Bilderbuch ist eine von 40 Empfehlungen zu arabischsprachigen Kinderbüchern, die die Internationale Jugendbibliothek (IJB) in einem vom Kulturreferat geförderten Projekt zu einer Broschüre zusammengefasst hat. Vorgestellt wurde sie kürzlich bei den "Arabischen Kinderliteraturtagen" gemeinsam mit der Stadtbibliothek im Gasteig. Auf einem Podium, dem neben Walid Taher auch die libanesische Autorin und Verlegerin Nabiha Mheidly angehörte, die interessante persönliche Einblicke in ihre Arbeit gaben. Übersetzt wurde die arabischsprachige Veranstaltung von dem syrischen Orientalisten Azad Hamoto. Gemeinsam mit Jochen Weber, dem Lektoratsleiter der IJB, hat er eine kritische Bestandsaufnahme der aktuellen arabischsprachigen Kinderliteratur unternommen und für den Katalog ausgewählt.

Darunter ist auch der Titel "Ich habe nicht ein Haus, sondern zwei Häuser" von Lorca Sbeity, in der die Autorin aus der Perspektive eines kleinen Jungen von dem schmerzhaften Trennungsprozess seiner Eltern erzählt. Aber auch von der Erleichterung, die sich nach der Scheidung bei allen drei Familienmitgliedern einstellt. "Lange wurde bei uns über die Themen Trennung und Scheidung nicht gesprochen, deshalb erschien es mir wichtig, gerade dieses Buch in unser Programm aufzunehmen", sagt die Verlegerin Nabiha Mheidly.

Bislang spielen arabischsprachige Kinderbücher in Deutschland nur eine geringe Rolle. Auch werden sie höchst selten ins Deutsche übersetzt, wie etwa von dem Verlag "Edition Orient". Aber die Nachfrage in Schulen und Kindertagesstätten nach original- und mehrsprachigen Büchern für junge Menschen aus Syrien, dem Irak, dem Libanon oder Marokko wächst. Eine Orientierungshilfe bietet fortan der Katalog "arabischsprachige Kinderbücher". Zusätzlich zu den dort empfohlenen 40 Büchern wurden noch 80 weitere Titel in arabischer Sprache angeschafft, die ab sofort in der IJB und im Gasteig ausgeliehen werden können.

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