Kurzkritik:Schön surreal

Moses Wolff überzeugt in seinem ersten Soloprogramm

Von Oliver Hochkeppel

Schauspieler, Autor, "Schaumschläger"-Gastgeber, Wiesn-Briefkastenbesitzer - Moses Wolff ist als Großmeister der kleinen Form bekannt wie ein bunter Hund. Zu einem Solo-Kabarettprogramm freilich hat er sich erst jetzt mit Mitte 40 aufgerafft. Genau das macht er nun zum Ausgangspunkt von "In meiner eigenen Wohnung". In der zu stehen, gibt er auf der Bühne des Lustspielhauses vor, am Tag vor der großen Premiere, noch mitten beim Texten. Denn nachdem er eingangs noch verkündet hatte, es sei nahezu alles fertig, gibt er bald zu, er habe eigentlich noch nichts. Woran er nicht schuld sei: Immer käme etwas dazwischen.

Was, das wird fortan in einer ununterbrochenen Folge von Anrufen und Besuchen vorgeführt. Vom "Mäuschen", der Ex, von der er sich gerade getrennt hat, geht es über griechische und arabische Nachbarn, die sich Stabmixer oder Handy leihen, bis zu Telefonkonferenzen mit seinem (am Bühnenrand live spielenden) Gitarristen Hans Peter "Hansi" Krohn, aus denen sich diverse Songs entwickeln. Auch Tantchen Ingrid kommt unangemeldet und verschleppt ihn in die Kneipe im Erdgeschoss, wo es Wolff neben der geschlechtsneutralen Bedienung unter anderem mit einem hinterlistigen Stammgast, sächsischen Touristen und einem Berliner Bettler zu tun bekommt. Nicht genug damit, das Ganze kippt ins Surreale ab, als auch noch der Weihnachtsmann, der (österreichische) Osterhase und der leibhaftige Donald Duck hereinschneien.

Ein großer Spaß ist das alles, lebensnah und klug. Glänzend gespielt sind all diese Figuren, die zwar Typen, aber immer auch für Überraschungen gut sind. Die Texte und Songs kommen eher literarisch als kabarettistisch und damit umso interessanter daher. Der dramatische Bogen (Regie: Arnd Schimkat) führt alle Protagonisten am Ende zusammen und hält auch noch eine überraschende Wendung bereit. Zwei Jahre hat Wolff für diese scheinbar spontanen zwei Stunden gearbeitet. Was ihn alles unterbrochen und damit inspiriert hat, ist nur zu ahnen. Es hat sich aber wirklich gelohnt.

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