Interview zum Album: Reamonn, "Wish":"Man kann nichts kaufen, wenn der Laden nicht offen hat."

Sänger Rea Garvey philosophiert über seine Wünsche und Träume, die Probleme eines vielbeschäftigten Vaters und das neue Album seiner Band Reamonn.

Silke Lode

Vor acht Jahren begann für die deutsch-irischen Softrocker Reamonn ein Traum, den sie heute noch leben: Die erste Single ihres Debütalbums wurde veröffentlicht, "Supergirl" kletterte in den deutschen Charts ganz nach oben, und all das nur wenige Monate, nach dem die Band sich gefunden hatte.

"Man kann nichts kaufen, wenn der Laden nicht offen hat."

Rea Garvey in Aktion: "Ich habe gemerkt: Nur ein Mensch kann bestimmen - das bist du selber."

(Foto: Foto: dpa)

"Dreams No. 7" (Virgin) - Träume Nr. 7 - heißt das zweite Album. "Beautiful Sky", "Star" und "Alright" - Schöner Himmel, Stern und Alles in Ordnung - sind die Singles des dritten Albums. Ein Reamonn-Charity-Projekt gibt es auch: "Saving an Angel" - einen Engel retten.

Träume und Wünsche - das sind die Wegmarkierungen auf Reamonns Erfolgspfad durch den Popmusik-Dschungel.

Stilgerecht folgt jetzt das vierte Album "Wish" (Universal) und dessen erster Singlehit "Promise (You and Me)" dudelt auf den Schaumkronen der Pop-Wellen.

Zum Glück lässt sich in fremden Sprachen Kitsch leichter ertragen, und zwischen den langsamen Schmuseballaden finden sich vereinzelt etwas rockigere, flottere Songs wie etwa "Starting to Live".

"Manchmal ist der Weg das Ziel" - nicht Buddah, sondern Leadsänger Rea Garvey hat diesen Satz wie ein Motto mit dem neuen Album verbunden. sueddeutsche.de hat den Sänger gefragt, was dieser Satz für ihn und die Band bedeutet.

Rea Garvey: Der Weg als Ziel - das war eine wichtige Idee für den Produktionsprozess der CD. Manchmal ist das, was man sich wünscht, kleiner als der Weg dahin - z.B. die neue Platte. So eine kleine CD, und der Weg dahin war so lang...

Als wir die CD gemacht haben, habe ich irgendwann gemerkt: Man erlebt so viel, lernt viele Leute kennen. Deshalb muss man unbedingt einen Wunsch oder ein Ziel haben, an dem man sich orientieren kann.

Ich habe gemerkt: Nur ein Mensch kann bestimmen - das bist du selber. Hol' Dir einen Traum, mach' was, der Weg dahin ist schon groß. Für uns hat sich der Weg immer gelohnt.

sueddeutsche.de: Das klingt nach buddhistischer Philosophie.

Garvey: Ich bin ein Philosoph für mein eigenes Lebens, ich liebe kurze Sätze, die viel sagen!

sueddeutsche.de: Wie zum Beispiel...

Garvey: "Man kann nichts kaufen, wenn der Laden nicht offen hat."

sueddeutsche.de: Und was soll das sagen?

Garvey: Über Sachen, die man nicht ändern kann, braucht man sich nicht ärgern! Kurze, vielsagende Sätze - so sollen auch unsere Texte sein. Wir nehmen uns viel Zeit dafür. Denn die Fans haben eine enge Beziehung zu unserer Musik und unseren Texten.

sueddeutsche.de: "Wish" ist das erste Album, das ihr nicht in Europa aufgenommen habt, sondern in den Sound City Studios in Los Angeles. Warum habt ihr euch für Los Angeles entschieden?

Garvey: Das war die Idee des Produzenten Greg Fiedelman. Er meinte: "Jungs, wenn ihr wollt, dass ich die Platte mache, dann kann ich euch am besten in L.A. bedienen."

Wir waren begeistert, vier Monate lang in L.A. die Platte aufzunehmen und er kannte dort im Studio das Team und die Technik.

sueddeutsche.de: Hat das neue Umfeld den Sound des Albums beeinflusst?

Garvey: Ich glaube, es hatte einen Einfluss. Wir wollen keine amerikanische Band sein. Der Sound ist eindeutig Reamonn. Aber ich habe zum Beispiel meinen Gesang in der selben Kabine aufgenommen wie Johnny Cash. Das beeinflusst einen schon.

sueddeutsche.de: Die erste Single "Promise (You and Me)" ist in den Charts sehr erfolgreich. Sie klingt ein bisschen nach U2 - emotional, melodiös. Wovon erzählt der Song?

Garvey: "Promise" erzählt von der Privatseite der Amerika-Zeit. Meine Frau war im siebten Monat schwanger als wir weggeflogen sind und es war klar, das gibt Probleme. Wir kriegen unser erstes Kind und sie ist alleine.

Wir wussten - wir müssen unsere Beziehung in den Vordergrund stellen und dann werden wir schon einen Lösung für die Probleme finden. Zum Beispiel haben wir jeden Tag per Bildtelefon geredet, deshalb bin ich den Jetlag nie ganz losgeworden. "Promises are meant to keep" - man sollte es sich nicht zu einfach machen mit Versprechen.

sueddeutsche.de: Am Tag nach der Veröffentlichung von "Wish" gab es ein besonderes Konzert. 300 Leute sollten dabei sein, die rechtzeitig eine Email an den Fanclub geschickt hatten, als Eintrittskarte diente das neu gekaufte Album. Mitglied im Fanclub wurde man auch automatisch - das klingt alles mehr nach einer Promo-Aktion als nach einem Fankonzert.

Garvey: Wir wollen, dass unsere Internet-Verbindung zu unseren Fans enger wird. Bei den meisten Fanclubs muss man außerdem bezahlen, um Mitglied zu werden, bei uns ist das nicht so. Deshalb würde ich das keine Promo-Aktion nennen.

Es ist auch ein Problem für 300 Leute zu spielen, wenn man sonst für 1.000 Leute spielt - das muss organisiert sein, man kann nicht einfach sagen: "Kommt rein!". Die Fans hatten total Spaß, und die Platte hätten sie sowieso gekauft.

sueddeutsche.de: In "Starship", einem der neuen Songs, besingen Sie ein "Raumschiff im Kopf", das einen mitnehmen kann - wo würde dieses Raumschiff Sie hinbringen?

Garvey: Es geht in dem Song vor allem darum, sich von der Realität zu entfernen und in eine Phantasiewelt einzutauchen. Aber in der Realität gibt kein Raumschiff vor der Tür, mit dem man flüchten kann.

Trotzdem kann man sich wegträumen, und ich bin jemand, der gerne träumt. Manche Träume kann man sich auch erfüllen - wie z.B. eine Platte in Amerika aufzunehmen.

sueddeutsche.de: Dann frage ich anders: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen?

Garvey: Ich habe schon viele Wünsche erleben dürfen. Durch diese Band erlebe ich die größten Wünsche, die ich hatte. Ich liebe es, wenn Leute unsere Musik singen, deshalb ist es die Erfüllung eines großen Wunsches für mich, wenn unsere Platte weltweit veröffentlicht wird.

Auch unsere Tourneen sind erfüllte Wünsche. Wir kommen mit unserer Musik in Städte, wo ich immer hingehen wollte - New York, Amsterdam, Sydney. Ich wünsche mir einfach, dass es so weiter geht wie bisher!

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