Fan zu Vorwürfen gegen Kastelruther Spatzen:"Ich habe sofort alle meine CDs kontrolliert"

In der Volksmusikszene sind sie Superstars, doch nun bricht ein Skandälchen in die heile Welt der Kastelruther Spatzen ein. "Der Erfolg der Band ist auf einem Riesenschwindel aufgebaut", behauptet der ehemalige Produzent. Sind die Kastelruther Spatzen die Milli Vanillis der Volksmusik? Ein Gespräch mit einem Fan.

Julia Wilde

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Tina Lederman (hier im Bild vor dem Schlern, dem Hausberg von Kastelruth in Südtirol) Gründerin und Leiterin des Kastelruther Spatzen Fanclubs Augsburg versteht die Aufregung um ihre "Spatzen" nicht: "Sie haben ja nichts falsch gemacht."

(Foto: Tina Ledermann)

Fast 40 Alben, 15 Millionen verkaufte Platten, 13 Echos, 61-mal Gold und 18-mal Platin: Die Bilanz der 30-jährigen Erfolgsgeschichte der Volksmusikstars Kastelruther Spatzen lässt die meisten Popstars vor Neid erblassen. Nun behauptet ein ehemaliger Produzent der Band, alle Alben seien von Studiomusikern, nicht von der Originalbesetzung eingespielt worden und lediglich der Gesang auf den CDs der "Spatzen" stamme tatsächlich von Sänger Norbert Rier. Im Gespräch mit Bild nannte Walter Widemair, 54, das "Betrug" und promotete so sein neues Buch. Die Band erklärte daraufhin, es sei nie ein Geheimnis gewesen, dass die Musiker sich bei Aufnahmen helfen lassen. Die Gründerin und Leiterin des Kastelruther Spatzen Fanclubs Augsburg, Tina Ledermann, 35, glaubt nach wie vor an ihre "Spatzen". Warum die Diskussion die Fans weitgehend kalt lässt.

Süddeutsche.de: Frau Ledermann, Sie sind jahrelanger Fan, hören während unseres Gesprächs noch Musik der Kastelruther Spatzen. Fühlen Sie sich von der Band betrogen?

Tina Ledermann: Nein, wirklich gar nicht. Für mich bestand von Anfang an kein Verdacht auf Betrug. Auf jeder CD ist vermerkt, dass Studiomusiker die Instrumente bei CD-Aufnahmen gespielt haben. Ich habe auch sofort alle meine Kastelruther Spatzen-CDs erneut kontrolliert und in der Tat ist auf jeder CD protokolliert, dass Studiomusiker beteiligt waren.

Wie lange wissen Sie schon, dass Studiomusiker für die Kastelruther Spatzen die Instrumente gespielt haben?

Also mindestens seit fünf Jahren. Es ist wirklich deutlich aufgelistet, wer bei den Aufnahmen dabei war und wenn man sich mal das Beiheft zur CD genauer angeschaut hat, hat man direkt den Verweis zu den Studiomusikern gesehen. Für mich war das nichts Neues.

Glauben Sie denn, dass sich Fans, die nicht so aufmerksam wie Sie die CD studiert haben und nichts von Studiomusikern wussten, sich jetzt betrogen fühlen?

Eigentlich kann ich mir das nicht vorstellen. Denn bei jedem Konzert, das die Band in Augsburg gespielt hat, war das musikalische Können der Band ganz klar zu hören. Kleine musikalische Fehler oder Probleme bei der Technik haben bewiesen, dass live musiziert wird. Es ist ja nicht so, als wäre jeder Auftritt eine Playback-Show gewesen. Es sind tolle Musiker.

Wenn jeder Fan gewusst hätte, dass alle Alben nur Musik von Studiomusikern enthalten, glauben Sie, dass sich trotzdem 15 Millionen CDs verkauft hätten?

Das ist rückblickend wirklich schwer zu sagen. Ich persönlich hätte damit kein Problem. Aber bestimmt gibt es Personen, die dann nicht so viele CDs gekauft hätten.

Ist der Ruf der Kastelruther Spatzen durch diese Vorwürfe geschädigt?

Nein. Vielleicht denken Einzelne jetzt, dass die Kastelruther Spatzen tatsächlich die Milli Vanillis der Volksmusik sind, weil sie mit deren Musik gar nicht vertraut sind. Die echten Fans aber wissen, dass kein Betrug vorliegt.

Ist es vertretbar, dass Bands oder Sänger Studiomusiker engagieren?

Das ist voll und ganz vertretbar und nicht verwerflich. Jeder bekannte Sänger lässt sich doch mittlerweile von Studiomusikern helfen. Die Kastelruther Spatzen haben daraus nie ein Geheimnis gemacht.

Die Kastelruther Spatzen haben 13 Echos gewonnen, 61-mal Gold und 18-mal Platin für ihre Platten erhalten. Stehen den "Spatzen" ihre Auszeichnungen für ihre CDs also noch zu?

Ja, natürlich! Sie haben ja nichts falsch gemacht.

Bleiben Sie Fan, komme was wolle?

Ja, definitiv. Ich habe mich mit Sänger Norbert Rier einmal persönlich unterhalten, als ich zu einem Auftritt der Kastelruther Spatzen auf die Seiser Alm gereist bin. Die Bandmitglieder sind wirklich ganz normale, bodenständige und aufrichtige Männer. Ich bleibe treuer Fan.

Wie sind die Reaktionen anderer Mitglieder des Fanclubs Augsburg?

Genauso wie meine. Am Abend nach Bekanntwerden der Vorwürfe haben sich die Fanclubmitglieder getroffen und wir haben gemeinsam den Fall diskutiert und eigentlich nur belächelt. Alle waren sich einig, dass kein Betrug vorliegt und der Produzent der Band, Walter Widemair, lediglich die Aufmerksamkeit auf sich ziehen will. Der Fanclub Augsburg bleibt den Kastelruther Spatzen geschlossen treu.

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