"Don Jon's Addiction" auf der Berlinale:Akteur als Alien

Berlinale, Joseph Gordon-Levitt, Don Jon's Addiction

Schöne Frauen lässt Joseph Gordon-Levitt (rechts) schöne Sachen machen in seinem Regiedebüt "Don Jon's Addiction". Scarlett Johansson zum Beispiel.

(Foto: Festival)

Er mimte schon einen Alien im Körper eines Teenagers, nun zeigt Joseph Gordon-Levitt bei der Berlinale sein Regiedebüt "Don Jon's Addiction". Darin gibt der Erfolgsakteur den selbstverliebt-arroganten Macho-Gockel zwischen Pornoseiten, Masturbation und Sonntagsessen bei den Eltern. Zumindest am Anfang.

Von Anke Sterneborg

Mit seinem schrägen Grinsen und seinem Chorknabengesicht könnte er eigentlich so gut wie alles spielen, vom schüchternen Liebhaber, in "(500) Days of Summer", bis zum frechen Fahrradboten, in "Premium Rush", und zum Zeitreise-Auftragskiller, in "Looper", der sich seiner eigenen Zukunft in Gestalt von Bruce Willis stellen muss. Außerdem, eher gegen den Strich: gewalttätige Insassen im Jugendstrafvollzug, schmuddelige Stricher, psychopathische Killer und traumatisierte Kriegsheimkehrer.

In seinem Regiedebüt - er ist Anfang der Dreißiger - präsentiert sich der Erfolgsakteur Joseph Gordon-Levitt nun als selbstverliebt-arroganten Macho-Gockel, der mit aufgeblähter Brust durchs Fitnessstudio stolziert - und er hat sichtlich Spaß dabei.

Wie viele der jungen Männer, die Joseph Gordon-Levitt in jüngster Zeit spielte, ist auch der Titelheld von "Don Jon's Addiction" anfangs distanziert und unnahbar, bis der Panzer aus Gewohnheiten und Vorlieben langsam Risse bekommt. Immer ist der Mann, den man in den ersten Bildern zu erkennen glaubt, ein ganz anderer als der, den man dann am Ende des Films kennt.

So wie ein Maler die Konturen mit Textur und Farbe füllt, arbeitet er aus einer groben Klischeeskizze sukzessive Schattierungen und Brüche heraus. Im Kino fühlt sich das dann fast so an, als würde aus einer flüchtigen Begegnung Freundschaft.

Am Anfang ist Don Jon ein Geschöpf pedantischer Gewohnheiten und zementierter Meinungen. Die makellos saubere Wohnung, das Sonntagessen mit den italoamerikanischen Eltern, die regelmäßigen Aufenthalte auf Pornowebseiten, die Barbesuche, bei denen er die Mädchen in einem eigenen Punktsystem bewertet, die sonntägliche Beichte, in der er gebetsmühlenartig außerehelichen Geschlechtsverkehr und zahllose Masturbationen beichtet . . . Bis ihm dann zwei Frauen Sand ins ölige Getriebe streuen.

Falsches Glück von Hollywood-Romanzen

Die eine ist die Traumfrau Barbara in der makellosen Erscheinung von Scarlett Johansson, sie formt ihren Geliebten im Wechsel von Hinhalten und Hingabe systematisch nach ihren Vorstellungen. Doch wie der schöne Don das Leben an Pornofilmen misst, orientiert sich Barbara am falschen Glück von Hollywood-Romanzen.

Also muss noch eine Frau von ganz anderem Kaliber kommen - die ihn mit ihren frank und frei ausgesprochenen Wahrheiten erst mal gehörig nervt, bald aber aus der Reserve lockt, hinreißend gespielt von Julianne Moore. Und der Lover Gordon-Levitt findet zu sich.

Schon mit sechs Jahren stand er zum ersten Mal vor der Kamera und mit fünfzehn spielte er in der TV-Serie "Hinterm Mond gleich links" einen uralten, weisen Alien im Körper eines amerikanischen Teenagers - mit der abgründigen Dialektik von Jugend und Alter spielt Joseph Gordon-Levitt besonders gern. "Er war tatsächlich ein sehr reifes Kind", sagt John Lithgow, der damals seinen Alien-Commander spielte, "und jetzt ist er ein sehr jugendlicher Erwachsener." Wie eine Zeitreise der besonderen Art kommt einem sein Film "50/50" vor - ein Junge, der erfährt, dass er Krebs hat, dem das Leben einen völlig anderen Rhythmus aufdrängt.

Viel vom Großvater gelernt

Sein Großvater ist der Regisseur Michael Gordon, der in den Fünfzigerjahren unter anderm mit Rock Hudson und Doris Day Filme wie "Bettgeflüster" drehte und auf der schwarzen Liste stand - dem Enkel also einiges vorgelebt hat, über Widerstände und Widersetzlichkeit in Hollywood. Und ihm den Mut zu ungewöhnlichen, riskanten Projekten gab, zu Filmen mit Widerhaken, Rollen mit düsterer Aura.

Immer wieder hat er bei amerikanischen Indie-Filmen mitgemacht, mittlerweile ist er im Mainstream angekommen, hat mit Christopher Nolan "Inception" und "The Dark Knight Rises" - als Batmans Robin! - gemacht, war in Spielbergs "Lincoln" der Präsidentensohn, der in den Krieg will.

Seit Längerem ist er auch als Produzent aktiv, hat die interaktive Filmproduktion hitRECord gegründet, eine Internetplattform, die weltweit zum Mitmachen und Austauschen einlädt. Das Logo der Firma, den roten Aufnahmebutton, trägt er oft am Revers, als Zeichen dafür, dass er die Verantwortung für seine kreativen Möglichkeiten übernehmen will.

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