80. Geburtstag:Shirley Bassey - Was sie sang, wurde zu Gold

Shirley Bassey

Shirley Bassey 2013 während eines Konzertes in Hamburg.

(Foto: dpa)

Eigentlich hätte ihre Karriere in der Dosenfabrik enden müssen. Stattdessen erfand Shirley Bassey den Bond-Song. Nun wird sie achtzig.

Von Gerhard Matzig

Im letzten Bondfilm "Spectre" hört sich der von Sam Smith interpretierte Titelsong streckenweise an wie ein hyperventilierender Goldhamster, der sich in einem Staubsaugerbeutel befindet. Spätestens bei den Wimmer-Passagen wünscht man sich sehnsüchtig, dass Shirley Bassey in ihrer bemerkenswerten Karriere nicht nur drei Bondtitel gesungen hätte, nämlich "Goldfinger" (1964), "Diamonds Are Forever" (1971) und "Moonraker" (1979). Sondern alle Songs.

Von Nancy Sinatra über Paul McCartney und Tina Turner bis Adele: Bis heute ist es eine Ehre, mit dem Bondsong auch das Zeitdokument des gültigen Sounds interpretieren zu dürfen. Bei Shirley Bassey aber war es umgekehrt: Indem sie als einzige Künstlerin drei Mal die Abenteuer des Agenten besang, erfand sie den Bondsong erst als Institution. Die Ehre lag nicht darin, Teil des Mythos zu werden; die Ehre lag darin, von ihr besungen und so zum Mythos zu werden.

Eigentlich hätte ihre Karriere in der Dosenfabrik enden müssen

Davon abgesehen: Die Welt aus Gold und Diamanten, aus Glamour, Hedonismus und Modernismus ist auch die Welt, die Shirley Bassey kongenial für sich selbst erfunden hat. Das war nötig, denn in die Wiege gelegt wurde sie ihr nicht. Geboren wurde die Waliserin als jüngstes von sieben Kindern am 8. Januar 1937 in Cardiff. Genauer betrachtet: im berüchtigten Arbeiterviertel "Tiger Bay". Der Vater, ein Seemann nigerianischer Abstammung, machte sich davon, als sie zwei Jahre alt war. Die Mutter aus Yorkshire war bettelarm. Die Verhältnisse, in denen Shirley Veronica Bassey aufwuchs, waren so deprimierend wie die grauen Arbeiterhäuschen der Tiger Bay. Früh verließ sie die Schule und wurde Packerin in der nahen Dosenfabrik. Ab und zu durfte sie im Pub singen. Mit 16 wurde sie schwanger.

Die Karriere, von der sie träumte, seit sie ein Konzert des Jazzsängers Billy Eckstine besucht hatte, hätte zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon so tot sein müssen wie die Schurken am Ende aller Bondfilme. Aber sie hatte Glück - und einen Agenten namens Michael Sullivan, der kein Spion, sondern Künstlervermittler war. Er glaubte an das zarte Mädchen mit dem erstaunlich dunklen und voluminösen Alt. Ein einziger Fernsehauftritt, 1956, genügte dann: Die Show "Such is Life" brachte Shirley Bassey endlich einen Plattenvertrag. Ein Jahr später kam der erste Hit: der "Banana Boat Song", den Harry Belafonte erst kurz zuvor populär gemacht hatte. Doch das spielte keine Rolle, denn ihre Interpretation war so stark, dass sie sich quasi parallel dazu durchsetzte.

Genauso erging es dem George-Harrison-Song "Something". Der war längst populär, als er durch Shirley Bassey bekannter noch als nur bekannt wurde. Man nennt das auch: Pop. Wozu neben jeder Menge Glitter auch die Fähigkeit gehört, sich selbst immer wieder neu zu erfinden. In diesem Fall im Grenzbereich aus Pop, Jazz und ganz großem Kino. Aus der kleinen Shirley aus der Dosenfabrik wurde so erst eine große Diva und dann: Dame Commander of the Order of the British Empire. Man muss nicht nur Geschichten singen können, man muss auch eine haben, bei der die Leute staunend raunen: such is life. Der "Midas Touch" aus ihrem ersten Welthit "Goldfinger" wurde so zu ihrem eigenen Touch. Was sie sang, wurde zu Gold.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: