Weitere Briefe:So ein Theater!

Lesezeit: 2 min

Warum sollte man einem Verkehrsminister abnehmen, dass er die Automobil­industrie abstraft, wenn er sich offen zu seiner Liebe zum Auto bekennt? Und warum behandeln Unternehmen die Jobvergabe fast wie eine Papstwahl?

Scheuers Bekenntnisse

"Scheuer will Druck auf Autoindustrie machen" vom 20. April: Schön, dass sich der neue Verkehrsminister gleich mal als Autofan outet, den die Automobile schon seit seiner Jugend faszinieren. Hätte ich von einem CSU-Mann auch nicht anders erwartet. Da ist auch sehr glaubwürdig, dass er "Druck" auf die Autokonzerne machen will, um endlich die Software-Updates aufzuspielen, die die Autobosse selbst zugesagt haben und von denen inzwischen jeder weiß, dass sie für saubere Luft in den Städten und die Vermeidung von Fahrverboten für alte Diesel nicht ausreichen. Da ist ja inzwischen sogar der ADAC fortschrittlicher, der schon seit Sommer 2017 nur eine Hardware-Nachrüstung als alleinig wirksames Mittel gegen die Dieselproblematik postuliert. Moderne, zukunftsweisende Verkehrspolitik sieht ganz anders aus. Unter "Druck machen" stelle ich mir auch was anderes vor, als ein freundschaftliches "Du, du, jetzt mach aber mal voran."

Rainer Widmann, Wuppertal

Die Papstwahl ist nichts dagegen

"Umdenken zahlt sich aus" vom 17. April: Schon öfter habe ich vom Fachkräftemangel in Deutschland gehört und gelesen. Das Thema liegt den dafür Verantwortlichen scheinbar sehr am Herzen. Ich schreibe absichtlich scheinbar, denn ich frage mich: Wie kann es sein, dass einem Studenten nach Abschluss eines guten Bachelor-Studiums bei seinen Bewerbungen empfohlen wird, ein Master-Studium anzustreben? Nach sehr gutem Master-Abschluss ist es dann die fehlende Berufserfahrung, die die Unternehmen daran hindert, einen Arbeitsplatz zu vergeben. Völlig lächerlich sind zudem die Bewerbungsprozeduren. Hier wird ein Brimborium (Sichtung der Bewerbungsunterlagen, Vorstellungsgespräch 1, Vorstellungsgespräch 2, evtl. Vorstellungsgespräch 3) veranstaltet, als ginge es um Postenbesetzungen für die Ewigkeit. Eine Papstwahl ist nichts dagegen.

Erich Kächler, Balzheim

Unvergessene Momente

"Berliner Flop-Liste" vom 17. April: Christine Dössel hat mit vielen Aussagen recht: Es gibt Parallelen zwischen der Volksbühne in Berlin und den Kammerspielen in München. Und es gibt ebenso Parallelen, was die gescheiterten Intendanten anbelangt. Aber in einer Sache teile ich die Ansichten der Autorin Dössel nicht: Sie befürchtet nun ein "Rollback" und erwähnt in dem Zusammenhang das "Sprechtheater à la Dieter Dorn". Dieses Sprechtheater hat dem Publikum unvergessene Momente beschert, die sich tief in die Erinnerung eingegraben haben. Das war und ist eine Kunst. Und in München zeigen Christian Stückl im Volkstheater und Martin Kušej im Residenztheater, dass Theater auch aktuell und modern sein kann, sowohl mit "Klassikern" als auch mit neuen Stücken. Denken wir an "Heilig Abend" von Kehlmann im Resi, ein aktueller Stoff, von einem kundigen Autor als Stück geschrieben, sehr gute Schauspieler, und das Publikum war und ist begeistert.

Das war die Vergangenheit und ist die Zukunft: Theater ist eine eigene Kunstform und benötigt Menschen, die das verstehen. Und dabei muss man ausprobieren, sehen, was wie wirkt. Deshalb haben alle größeren Häuser die Hauptbühnen und die Experimentierbühnen. Es geht also nicht um den vermeintlichen Widerspruch von Moderne und Tradiertem, sondern nur um Qualität des Theaters. Das sollten wir nicht vergessen.

Florian Fischer, München

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: