Weitere Briefe:Mollath und Nivea

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Die Rassismus-Vorwürfe nach einer Werbekampagne für ein Deo empören eine Leserin. Sie meint, man könne es mit der Political Correctness auch zu weit treiben. Ein anderer Leser bewertet die neuesten Entwicklungen im Fall Mollath.

Überzogene Correctness

"Weiße Werbung" vom 6. April: Wenn aus der Political Correctness, die ja in bester Absicht vermeiden will, dass Gruppen von Menschen durch sprachliche Ausdrücke oder auch Handeln beleidigt werden, übers Ziel hinausschießende Antidiskriminierungsbemühungen erwachsen, ist das dem ursprünglichen Anliegen gegenüber mehr als kontraproduktiv. Ob man eine unschuldige Karotte heutzutage noch, ohne einen Shitstorm im Internet loszutreten, Mohrrübe nennen darf, bezweifle ich sehr. Nun trifft die Empörung also die Nichtfarbe Weiß in der Nivea-Werbung, eine Farbe, mit der die meisten Menschen gleiche spezielle Empfindungen verbinden. Symbolisch verkörpert Weiß das Vollkommene, Ideale, Gute. Es ist die Farbe der Unschuld, deshalb sprechen wir von einer "weißen Weste", aber auch die Farbe der Sauberkeit und Reinheit, was die Waschmittelwerbung lange Zeit zu immer neuen Höhenflügen angeregt hat. Ein "weißeres Weiß'' wurde versprochen. Weiße Wäsche war lange Zeit ein Statussymbol, das immer noch obligatorische weiße Hemd zu offiziellen Anlässen ist ein Relikt aus dieser Zeit.

Und dann stürzt man sich auf eine Werbeanzeige für ein Deodorant, das keine gelben Ränder unter den Achseln zu hinterlassen verspricht, bezeichnet diese Werbung als rassistisch! Ist Weiß denn per se am Ende schon rassistisch? Mit solchen Auswüchsen erweist man dem Grundgedanken der Political Correctness einen Bärendienst; ein Begriff, der sowieso immer wieder durch völlig überzogene Anforderungen der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

Mäßigung und Toleranz bei allen Beteiligten sind die besten Garanten dafür, dass der ethische Grundkonsens eines respekt-und würdevollen Miteinanders aller Menschen weiterhin Teil unserer Kultur bleibt. Alice Friedrich, Rehlingen-Siersburg

Gutachter, Richter - straffrei

"Mollaths Freund zu Bewährungsstrafe verurteilt" vom 6. April: Der Helfer in einer existenziellen Not - verursacht durch ein schweres Justizunrecht - wird bestraft! Die Kernaussage vom Zeugen Edward B. hat sich eins zu eins durch die Realität bewahrheitet: Die Ex-Frau von Gustl Mollath hat sich über Beziehungen fragwürdige Atteste besorgt, die zur Psychiatrisierung und zum Wegräumen ihres Ehemanns in die Forensik geführt haben, und entzieht sich wiederum durch Nichterscheinen vor dem Gericht ihrer Hauptverantwortung. Wegen zweifelhafter Kalendereinträge erkennt das Amtsgericht nach mehr als zweieinhalb Jahren die wichtigere Kernaussage von Herrn B. über den Anruf von Frau P. M. mit den angekündigten und tatsächlich eingetroffenen Drohungen gegen ihren Ex-Mann nicht an.

Während die unglaubwürdige Ex-Frau und alle dafür verantwortlichen Gutachter und Richter straffrei bleiben und keinen Schadenersatz zu leisten haben, wurde der Helfer in der ausweglosen existenziellen Situation der siebeneinhalbjährigen Forensik-Unterbringung Mollaths wegen eines Meineidverbrechens mit einem Jahr auf Bewährung bestraft.

Diese unerbittliche Verurteilung des Zeugen B. ist unverhältnismäßig, paradox, eines Rechtsstaates nicht würdig und hat den Rechtsgrundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" - wie bereits im Wiederaufnahmeverfahren - meines Erachtens schwerwiegend missachtet. Erich Stephany, München

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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