Weitere Briefe:Gute Mütter, böse Mütter

Eine Leserin macht im Missbrauchsfall Staufen ein idealisiertes Mutterbild als Grund für die Fehleinschätzung von Behörden und Gerichten aus. Ein anderer beklagt die Eitelkeit bei Hochzeiten.

Missbrauchsfall - Prozess gegen Mutter und Lebensgefährte

Die Mutter des missbrauchten Jungen, Michaela Berrin T., im Gerichtssaal.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Idealisiertes Mutterbild

"Der blinde Fleck" vom 12. Juni: Ich befürchte, der "blinde Fleck" in diesem extremen Fall sexueller Gewalt gegenüber dem Jungen aus Staufen war nicht die Mutter selbst, sondern ein idealisiertes Mutterbild der Behörden. Dieses Bild ist in Deutschland nach wie vor weit verbreitet, und dem ist dieser Junge womöglich zum Opfer gefallen. Als Leserin dieser wenigen Fakten (ein Dank an dieser Stelle an den Autor, der sehr sachlich und frei von Voyeurismus bleibt) und als Mutter ist es kaum zu fassen, wie naiv die Behörden und Familiengerichte hier waren. Es einer Mutter in dieser prekären Lebenssituation zuzutrauen, das eigene Kind vor einem pädokriminellen Mann zu schützen, der wegen 24 (!) Fällen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen und Kindern jahrelang im Gefängnis war und dem ein Umgang mit Kindern nur eingeschränkt erlaubt war, kann nur mit einer extrem rosa gefärbten Brille erklärt werden. Das ist fahrlässig! Auch Mütter können bedürftig, psychisch krank, gewalttätig und zu allem Schlimmen fähig sein, leider. Sie sind keine besseren Menschen.

Damit möchte ich die ungeheure Schuld dieser Frau nicht verharmlosen. Doch selbst einer Mutter in einer besseren Lebenssituation wäre die ständige Kontrolle eines solchen Partners kaum zuzumuten - mal davon abgesehen, dass eine psychisch und geistig einigermaßen intakte Frau mit Kind sich sowieso nie auf einen pädokriminellen Partner einlassen würde; auch da hätte man seitens der Ämter nachfassen müssen.

Dr. Alma-Elisa Kittner, Offenbach

Niveau eines Pfaus

"Wenn die Torte per Heli kommt" vom 9./10. Juni: Leider zeigt sich auch bei diesem Artikel über Luxushochzeiten wieder überdeutlich, dass der Mensch vor allem verhaltensbiologisch gesteuert ist und über das Niveau eines Pfaus nicht deutlich hinausgekommen ist: Es geht nur um das Zeigen von Potenz, alle anderen Handlungsfolgen sind verdrängt. Vor allem aber fällt mir ein Zitat von John Locke ein, das das zentrale Problem dieser Lebenseinstellung aufzeigt: "Aller Überfluss ist widerrechtliche Aneignung, und der Anblick der Bedürftigen sollte Reue in den Seelen der Wohlhabenden erwecken. Perverse Männer ihr, die ihr in Reichtum und Luxus schwimmt - erzittert aus Furcht, dass eines Tages die Elenden, die allem Lebensnotwendigen entbehren, die Menschenrechte einfordern werden!"

Kai Radtke, Münster-Sarmsheim

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen.

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