Weitere Briefe:Europa und Facebook

Ein Leser hat zur Feier des 60. Jubiläums der Römischen Verträge einen alten Zeitungsartikel aus dem Jahre 1946 ausgegraben. Ein anderer bezieht sich auf einen Kommentar zu Facebook und die Hass-Postings.

Protest, der Hoffnung macht

Zum Artikel "Worauf es ankommt" vom 21. März: In den Hannoverschen Neuesten Nachrichten vom 9. Oktober 1946 fand ich folgende Zeilen, die gut zum 60. Geburtstag der Unterzeichnung der Römischen Verträge passen:

"Jeder gute Intellektuelle in Deutschland, England und Frankreich", so meint der spanische Rufer und Mahner des europäischen Gewissens Ortega y Gasset, "empfindet die Grenzen seiner Nation heute als Beengung. Wenn wir uns versuchsweise vorstellen, wir sollten lediglich mit dem leben, was wir als Nationale sind, wenn wir etwa den Durchschnittsdeutschen aller Sitten, Gedanken, Gefühle zu entkleiden versuchen, die er von anderen Ländern des Erdteils übernommen hat, werden wir bestürzt sein, wie unmöglich eine solche Existenz schon ist: Vier Fünftel unserer inneren Habe sind europäisches Gemeingut. Für die Europäer bricht jetzt die Zeit an, da Europa zu einer Nationalidee werden kann. Nur das Vorurteil der alten Nationen steht dem entgegen, die Idee der Nation als Vergangenheit."

Wir sollten nicht vergessen: Europa war und ist ein Friedensprojekt, geboren als Reaktion auf die Verheerungen, die der Nationalismus mit zwei Kriegen in Europa in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts angerichtet hat.

Bei allem Knirschen im Gebälk der europäischen Institutionen und bei allen großen Problemen, die noch vor uns liegen: Es stimmt hoffnungsvoll, dass sich neuerdings Sonntag für Sonntag immer mehr Menschen zusammenfinden, um für die europäische Idee zu demonstrieren. Herbert Günther, Friedland

Knechtungsmaschine gebaut

"Es reicht" vom 15. März zum Thema Facebook: Naiv - und da urteilt Detlef Esslinger in seinem Kommentar noch recht milde - sind die schwerreichen Jungs aus dem Silikon Valley nicht nur, weil sie meinen, sie könnten einfach ihre Plattformen in die Welt setzen und trügen weiter keine Verantwortung, wenn diese dann maßgeblich zur Durchdringung unserer Gesellschaft mit Hass - der besten Voraussetzung für Krieg - beitragen. Sie sind auch naiv, weil sie Strukturen kreieren, die, wenn sie in die falschen Hände geraten, geeignet sind, zur perfekten Überwachungs- und Knechtungsmaschine zu mutieren. Sie bauen eine Waffe - und merken's nicht einmal -, die die Träume aller Tyrannen seit Menschengedenken bei Weitem übertrifft. Ferenc Kölcze, München

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