US-Demokraten...:...und ihre Verdienste

Ein Leser moniert, dass in der Außenansicht mit dem Titel "Paradoxe Wahrnehmung" vom 19. Januar die Leistungen der demokratischen US-Präsidenten schlicht nicht vorkommen.

Außenansicht "Paradoxe Wahrnehmung" vom 19. Januar:

Thomas Speckmann macht sich über die "europäische" Abneigung gegen republikanische und Zuneigung für demokratische Präsidenten der USA lustig. Seine Begründung verschweigt systematisch Fehlleistungen republikanischer und Leistungen demokratischer Inhaber der Präsidentschaft. Er unterschlägt den von der Eisenhower-Regierung inszenierten Putsch in Iran (1953), der langzeitig in der Revolution Khomeinis und dem damit motivierten weltweiten Aufschwung des radikalen dschihadistischen Islam auch sunnitischer Prägung resultierte. Er vergisst die erfolgreiche Krisenpolitik Kennedys in der gefährlichsten Herausforderung des Kalten Krieges, der Kubakrise, ebenso wie die Beilegung des Nuklearstreits in der Nato durch die Gründung der Nuklearen Planungsgruppe unter Johnson (1967).

Die massiven Eingriffe der Nixon-Administration in Lateinamerika - am dramatischsten in der Unterstützung des Putsches durch Pinochet - haben für Speckmann ebenso wenig stattgefunden wie der israelisch-palästinensische Friedensschluss unter Jimmy Carter. Er zeigt eine ähnliche Amnesie gegenüber der verantwortungslosen Drohungsrhetorik der ersten Reagan-Administration, deren teils völkerrechtswidrigen Eingriffen in die lateinamerikanischen Bürgerkriege (Blockade Nicaraguas), ihrer Unterstützung Saddam Husseins im Krieg gegen Iran, obgleich Irak der Aggressor war und Chemiewaffen einsetzte, sowie der gedankenlosen Förderung sunnitischer Dschihadisten - einschließlich der jungen al-Qaida - im afghanischen Krieg gegen die sowjetischen Okkupanten. Aus diesen Fehlern entwickelte sich die Konstellation des totalitären sunnitischen Dschihadismus.

Für den Autor hat es die Beendigung des Bosnien-Krieges durch die Clinton-Regierung ebenso wenig gegeben wie deren hervorragende Leistungen in der Handelspolitik, den Abschluss des Nafta-Abkommens für eine nordamerikanische Freihandelszone und die Gründung der Welthandelsorganisation. Obama halst er die Verantwortung für Dinge auf, die Ergebnisse der Politik George W. Bushs waren, nämlich die Destabilisierung des Mittleren Ostens und Nordafrikas, vergisst aber zu erwähnen, dass Obama dafür sorgte, dass keine US-Bodentruppen mehr in Kämpfe verwickelt waren, das Haushaltsdefizit verschwand, das Wachstum und die Beschäftigung wieder zunahmen. Er verschweigt die außenpolitischen Erfolge Obamas, das Iran-Abkommen, die Öffnung neuer Beziehungen zu Kuba, den kolumbianischen Friedensschluss, verschweigt die Marginalisierung der al-Qaida nicht zuletzt durch die Eliminierung Osama bin Ladens und den allmählichen Erfolg im Kampf gegen den IS durch eine langfristig angelegte Strategie. Dass Obama die Nato durch eine engere Beziehung mit Deutschland auf eine neue Basis gestellt hat und eine kluge, aber entschlossene Antwort auf die provozierende Politik Moskaus in Osteuropa gegeben hat, weiß er anscheinend nicht. Die Bekräftigung der US-Stellung in Asien durch das Freihandelsabkommen TTP scheint ihm gleichfalls unbekannt zu sein.

Prof. em. Harald Müller, Frankfurt/Main

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung und bei Süddeutsche.de zu veröffentlichen. forum@sueddeutsche.de

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: