Unterhalt:Selbst zahlt der Vater

Keinerlei Verständnis erntet ein Professor, dem wegen des Unterhalts für fünf Kinder aus zwei Ehen die Armut droht. Jetzt will er klagen. Wer sich teuer selbst verwirklicht, müsse das auch selbst teuer bezahlen, schreiben die Leser.

Forum

SZ-Zeichnung: Karin Mihm

"Drei Frauen, fünf Kinder, drei Städte" vom 4. August:

Der Staat ist frei von Pflicht

Herr Harder treibt mir die Tränen in die Augen. Er könne sich um all seine fünf Kinder aus zwei früheren Ehen nicht intensiv kümmern, weil es zu teuer sei. Mit seinem Professorengehalt gerate er möglicherweise unter die Armutsgrenze, in der Schuldenfalle sei er bereits. Er sieht sich als "drastisches Beispiel für eine verfehlte Steuer- und Familienpolitik". Ist ja auch unerhört, dass der Staat nur eine schlappe Milliarde Euro an Alleinerziehende verteilt, deren Partner der Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Man muss doch auch mal an die teuren Fahrten des anderen Elternteils zu den Besuchen bei den Kindern denken, quer durch Deutschland. Gibt es denn da keine Freiflüge für fünffache Väter? Herr Harder kann ja schließlich nichts dafür, dass er weit weg von seinen Jüngsten, drei und sechs Jahre alt, bei seiner dritten Frau in Hamburg wohnt. "René Harder will nicht weinerlich sein." Sehr gut. Stattdessen erwägt er eine Verfassungsbeschwerde. Er spricht von einem "selbstgezimmerten Regal", das die "mehreren Tausend Dokumente" seiner bisherigen Prozesse birgt. Die Kosten für das neue Möbelstück könnte am besten auch gleich der Staat übernehmen. Der soll ja für sein schweres Schicksal verantwortlich sein. Dr. Ulrike Thimme, Karlsruhe

Gebrochene Versprechen

Dreimal hat Herr Harder ein Versprechen abgegeben und Hoffnungen geweckt. Zweimal hat er sie nicht erfüllt und zumindest bei den Kindern Leid hinterlassen und nicht nur sich erhebliche Probleme geschaffen. Er schämt sich nicht, mit Namen und Bild an die Öffentlichkeit zu gehen und ist unverfroren genug, für sein Verhalten die öffentliche Hand in Anspruch nehmen zu wollen. Die Autorin Ulrike Heidenreich irrt, wenn sie Sympathie für ihn gerieren möchte. Wenn er aufrütteln will, bitte zuerst sich selbst. Dr. Friedrich Wolf, Haimhausen

Teure Selbstverwirklichung

Sie lassen Herrn Harder auf einer halben Seite jammern und unser ungerechtes System anklagen, ohne auch nur andeutungsweise seinen Standpunkt infrage zu stellen. Sollte man aber. Der Mann hat doch keine Schicksalsschläge erlitten, er hat seine Situation, die seiner alleinerziehenden Ex-Frauen und die seiner Kinder selbst zu verantworten. Was er da in seiner originellen Lebensart angerichtet hat, schert ihn aber wenig, wenn da nicht die finanziellen Folgen, vor allem für ihn, wären. Seine treuherzige Empörung darüber, dass es hier Probleme gibt, weil Gesetz und Steuerzahler nicht so wollen, wie er fordert, ist das Unglaubliche. Uneingeschränkte Selbstverwirklichung auf Kosten der Allgemeinheit also? Johannes Wolff-Diepenbrock, München

Jammern auf hohem Niveau

Ich rechne mal kurz die Zahlen im Artikel zusammen: Gehalt 2739,48 Euro (netto); Unterhalt für die vier Kinder: 289 Euro, 240 Euro, 223 Euro, 272 Euro = 1 024 Euro. Verbleiben ihm 1 715,48 Euro. Ist die Klage von Herrn Harder nicht Jammern auf vergleichsweise hohem Niveau? Trotz der Unterhaltszahlungen. Ich bin Personalrat und kenne viele Beschäftigte, deren Nettogehalt unter 1 715 Euro liegt, sogar bei einem Vollzeitjob. Und dennoch kommen sie im Leben zurecht. Und mal ehrlich: Wer fünf Kinder in die Welt setzt, muss für diese auch die Verantwortung übernehmen. Dass Herr Harder seine Verpflichtungen nicht so ernst nimmt, zeigen ja die hohen Rückstände beim Unterhalt. Ich will sein Problem nicht kleinreden, aber für dieses Beispiel fehlt mir dann doch das Verständnis. Und was soll der Satz: "Würde Harder Grundsicherung beziehen, würde sich hingegen die 'ganze Palette an Wohltaten' entfalten." Sie wollen den Lesern doch nicht weismachen, der Staat hätte ihm auch noch den VW-Bus bezahlt? Von "Wohltaten" im Zusammenhang mit Hartz IV ist mir nämlich nichts bekannt. Michael Schöfer, Mannheim

Banal ist der Regelfall Warum berichten Sie nicht über einen weniger spektakulären Fall, wie es ihn zuhauf in Deutschland gibt? Beispiel: Vater und Mutter von zwei oder drei Kindern trennen sich - nicht aus Spaß, sondern weil das für alle Beteiligten die beste Lösung ist. Sie leben in München oder Frankfurt und verdienen durchschnittlich. Die Frau arbeitet in Teilzeit. Von jetzt an müssen zwei Wohnungen finanziert werden, in denen Platz für die Kinder ist. Ein zweites Auto muss angeschafft werden, und Vater und Mutter würden gerne gelegentlich mit ihren Kindern in Urlaub fahren, damit diese neben dem Schmerz über die Trennung der Eltern nicht auch noch materielle Einbußen hinnehmen müssen. Sind die Kinder größer, muss deren Ausbildung finanziert werden (beispielsweise das Studium in einer anderen Stadt). Spätestens jetzt wissen die Eltern nicht mehr, wie sie das leisten sollen. Bleibt zu hoffen, dass keiner der beiden krank oder arbeitslos wird. Dorit Bircks, München

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