SZ-Werkstatt:Zipshaft

Martin Zips

Martin Zips, 47, las schon als Schüler gerne die SZ. Nach dem Zivildienst wurde er katholischer Diplom-Theologe und kam über das „Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses“ dorthin, wo er heute noch glücklich ist.

(Foto: Privat)

Der Deutschlehrer sagte, er malträtiere "zipshaft" die deutsche Sprache. 30 Jahre später lässt der Stil von Martin Zips schmunzeln; egal, ob er Heiteres oder Tragisches, vor allem im Ressort Panorama, erzählt. Auf Leidenschaft kommt es ihm an.

Zipshaft. Das habe ich zum ersten Mal in der Schule gehört. Der Deutschlehrer bezeichnete meine Aufsätze so, da sie - aus seiner strengen Beamtensicht - zwar furchtbar die deutsche Sprache malträtierten, aber irgendwie doch "loriotmäßig amüsant" zu lesen waren. Notenmäßig hieß das meist: Befriedigend. Zipshaft, so nannte erst kürzlich mein Chefredakteur die Art meines Schreibens. Und diesmal war es freundlich gemeint. Jedem, der gerade am furchtbar seelenlosen Deutsch systemverlorener Bürokraten verzweifelt, kann dies als Aufmunterung dienen.

Seit fast 25 Jahren findet sich Zipshaftes nun schon in dieser Zeitung, seit mehr als zehn Jahren vor allem im SZ-Panorama. Dort sollte man sich mit alten Hollywood-Stars ebenso auskennen wie mit aktuellen Youtube-Größen. Wer im Panorama schreibt, dem sollte zu Vulkanen und Erdbebengebieten ebenso rasch etwas einfallen wie zu den Ehepartnern internationaler Regierungschefs, zum weltweiten Gewaltverbrechen oder dem bunten Seidenkimono von Angela Merkel. Es schadet auch gar nicht, wenn man schon mal von Aristoteles, Rachmaninow, Sartre oder Vince Guaraldi gehört hat. Am meisten Spaß macht es, wenn man sich während eines "Anrufs bei..." die Welt von Künstlern, Priestern, Mottenexperten, Anglern, Friseuren oder Tunnelbauern erklären lässt. Wenn man, gemeinsam mit einem Klarinettisten, ein Woody-Allen-Konzert besucht oder mit Michael Chaplin die Villa seines berühmten Vaters am Genfer See. Zipshaftes entsteht immer dann, wenn man den Menschen, also auch sich selbst, in seiner heiteren Tragik begreift. Leidenschaftlich, bemüht, aber letztlich auch einsam wie eine Figur des französischen Zeichners Sempé. Vielleicht könnte man das Zipshafte daher auch so nennen: SZ.

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