Vor sehr langer Zeit hatte ein Sportchef der SZ gefordert, dass ein Journalist den Sport, über den er berichtet, selber mal ausgeübt haben muss. Fürs Skispringen gilt das bis heute zum Glück nicht.
Insgesamt muss man nicht fliegen können, um übers Fliegen zu schreiben, man sollte aber warm angezogen sein. Nur wer zwei lange Unterhosen trug, war neulich bei einem Weltcup in einem unterkühlten Pressezelt imstande, einen Text zu verfassen. Meistens ist es aber warm, und bei der Vierschanzentournee sitzt man in Pressezentren, in Oberstdorf sogar an einer riesigen Glasfront. Von draußen schauen Skisprung-Reisende herein und genau jetzt - während dieser Text geschrieben wird - klopft einer ans Fenster, weil er die müden Reporter fotografieren will: Bitte lächeln.
Auch das ist der Charme der Tournee: Sie pflegt als Welt-Ereignis das Menschliche und Traditionelle. Bis vor Kurzem befand sich zum Beispiel das Pressezentrum beim Finale noch im Treppenhaus der Hauptschule Bischofshofen. Ein anderer Reiz liegt in der Natur des Sports. Man hat es mit stark selbst-fokussierten Athleten zu tun, die im Prinzip immer denselben Ablauf wiederholen, um ein Detail zu verbessern, über das sie nicht reden wollen. Gelingt es, wenigstens ein bisschen in die Welt dieser Menschen zu tauchen, dann macht es noch größeren Spaß.
Die Tournee hat auch echte Herausforderungen. Man muss in der Mixed-Zone zuweilen lange warten, von einem Bein aufs andere treten, und wenn der Redaktionsschluss heranrollt, schnell wieder Tempo aufnehmen. Auf der Straße aber nicht! Erst recht nicht bei Schneesturm, wie 2014. Diese Schnee-Erfahrung lehrte auch, dass man auf dem Weg von Oberstdorf nach Garmisch mit dem Auto besser nicht über den Oberjochpass abkürzt. Man fühlt sich da oben wie ein Skispringer: Es geht steil bergab, es ist eng, und es ist rutschig.