SZ-Werkstatt:Schwierige Berichterstattung

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Bildungspolitik ist Ländersache. Überregionale Berichterstattung? Schwierig. Der zuständige Redakteur muss sich seine Themen also meist an der Basis suchen, an Schulen und bei Lehrern quer durch die Republik.

Von Johann Osel

Das neue Schuljahr geht los - was für Kinder, Väter und Mütter ein individuelles Erlebnis ist, bedeutet für Bildungsjournalisten das Wiederanlaufen eines riesigen Betriebs: Elf Millionen Schüler lernen an Zehntausenden Schulen mit Hunderttausenden Lehrern. Und: in 16 Bundesländern. Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat mal erzählt, sie habe deutschlandweit 94 Schultypen gezählt, musste vor Reisen erst recherchieren lassen. Überregionale Berichterstattung? Schwierig. Es gibt ein Bundesministerium, das nicht viel zu sagen hat bei den Schulen; und es gibt eine Kultusministerkonferenz, ihr wurde vom FDP-Politiker Jürgen Möllemann einst das "Tempo einer griechischen Landschildkröte" bescheinigt - ein Bonmot, bis heute gültig. Man kann nun zwei Minister anrufen, im Süden und Norden, man wird nur Ausschnitte des Systems bekommen. Man kann Schulen besuchen in München oder Köln, mit Lehrern reden in Neuruppin oder Stuttgart, es gibt da stets exemplarische Eindrücke. Über allem steht aber heute ein Großtrend: Heterogenität. Dass in einer Klasse ein Kind wie das andere ist, durfte schon immer als Märchen gesehen werden. Inzwischen wurde aber erkannt: Schulen müssen darauf reagieren, auch das Gymnasium, das vielerorts zahlenmäßig zur neuen Hauptschule gerät. Reagieren auf gute oder schlechte Startchancen im Elternhaus; auf die Inklusion von Kindern mit und ohne Behinderung; auf eine bunte Gesellschaft, viele Flüchtlinge werden bleiben, jeder dritte Schüler hat einen Migrationshintergrund. Laut Pisa-Studie hinken sie deutlich hinterher. Ohnehin, Pisa: Die systematische Vermessung der Bildung heutzutage liefert einen Kompass. Das bremst auch ideologische Schlachten; wobei zwei Anrufe bei zwei Ministern durchaus noch hitzige Debatten auslösen können.

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