SZ-Werkstatt:Schluss mit "süßer Junge"

Benedikt Warmbrunn berichtet für die SZ über den FC Bayern München. In der SZ-Werkstatt schildert er, wie sich der Alltag der Journalisten bei dem Verein unter dem neuen Trainer Carlo Ancelotti verändert hat. Und gibt offen zu: Pep Guardiola fehlt.

Benedikt Warmbrunn berichtet, wie sich der Alltag der Journalisten beim FC Bayern unter dem neuen Trainer Carlo Ancelotti verändert hat:

Kein Fußballreporter ist wirklich objektiv. Ein anständiger Fußballreporter ist immer ein Anhänger einer guten Geschichte, daher soll an dieser Stelle auf jegliche Objektivität verzichtet werden: Pep Guardiola fehlt. Zumindest den Journalisten.

Der deutsche Fußballmeister hat in diesem Sommer den Trainer gewechselt, das hat auch die Arbeit der Berichterstatter beeinflusst. Eine Woche mit dem FC Bayern ist auch eine Woche voller Pressekonferenzen, gerade in einer Champions-League-Woche. Pressekonferenz vor dem Spiel, nach dem Spiel, vor dem Spiel, nach dem Spiel, und wieder von vorne. Carlo Ancelotti, der neue Trainer, hat sich dabei nach knapp zwei Monaten eine höfliche, professionelle Unverbindlichkeit angeeignet. Er antwortet, aber knapp. Guardiola, sein Vorgänger, ist auf manche Fragen gar nicht eingegangen, aber er hat bestens unterhalten. Er sagte, dass er nicht Gott sei. Er erklärte jedem seine Liebe. Und wenn er einen Spieler für besonders verzichtbar hielt, dann versteckte er das in dem bissigen Lob, dass er am liebsten "1000 Dantes" hätte. Selbst an Tagen, an denen es eigentlich kein Thema gab, hatten die Journalisten etwas zu schreiben. Bei Ancelotti gibt es dagegen an Tagen ohne Thema nicht wirklich etwas zu erzählen. Er gleicht das jedoch dadurch aus, dass er - anders als der vorsichtige Guardiola - Einzelinterviews gibt.

SZ-Werkstatt: Benedikt Warmbrunn, 29, berichtet über den FC Bayern. Besonders intensiven Kontakt hatte er zu Mehmet Scholl, als dieser die U23 trainierte. Mit ihm diskutierte er manchmal heimlich in der Waschküche des Vereins.

Benedikt Warmbrunn, 29, berichtet über den FC Bayern. Besonders intensiven Kontakt hatte er zu Mehmet Scholl, als dieser die U23 trainierte. Mit ihm diskutierte er manchmal heimlich in der Waschküche des Vereins.

(Foto: J. Buschmann)

Diese Woche zum Beispiel wurde der Italiener nach seinem Spieler Joshua Kimmich befragt. Ancelotti lobte dessen Kondition. Guardiola hatte auf eine ähnliche Frage einmal geantwortet, Kimmich sei ein "süßer, süßer Junge".

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