Mein hochgeschätzter Kollege und, vor einer Ewigkeit, auch Chef Rudolf Großkopff erzählten einst eine hübsche Anekdote aus ihrer Zeit bei einer ihnen viel zu konservativen Tageszeitung. In deren Fluren hauste ein Militaria-Spezialist, welcher der Redaktion eines Tages einen seitenfüllenden Beitrag mit der Schlagzeile "Als die Preußen schießen lernten" überreichte. Das Blatt erschien, doch in der ersten Silbe von "schießen" waren wie von Geisterhand i und e vertauscht. Der Verfasser soll getobt haben: "Das war die Kommune da unten!" Gemeint waren die entschlossen linken Drucker ein paar Stockwerke tiefer. Geschichte kann so politisch sein.
Sie erklärt aus dem Gestern viel Heutiges und ist darum auch in einer Tageszeitung niemals Selbstzweck in Form von "So bunt trieben es die alten Germanen" oder zusammenhanglos erzählten Stories. In der SZ spielt die journalistische Aufbereitung von Geschichte eine wichtige Rolle, vor allem, aber nicht allein im Feuilleton und auf der Seite "Historie" der Wochenendausgabe. Auf Letzterer versuchen SZ-Autoren, den historischen Hintergrund aktueller Geschehnisse auszuloten. Wer die leidvolle Geschichte Europas liest oder die deutschen Verbrechen im besetzten Griechenland ab 1941, wird vielleicht, hoffentlich, weniger zu einseitigen Schuldzuweisungen und vorschnellen Urteilen über Europa oder die griechische Mentalität neigen. Das Interesse der SZ-Leser ist groß.
Vor Kurzem haben mehrere Autoren schreckliche US-Präsidentschaftskandidaten beschrieben, die es lange vor Donald Trump gab. Und wie so oft, ist die Lehre aus der Geschichte zwiespältig. Einer wie Trump ist nicht einmalig, und die meisten seinesgleichen sind lange gescheitert und vergessen. Andererseits: Es geht immer noch schlimmer.