SZ-Werkstatt:Höchste Geheimhaltung

Bastian Brinkmann

Bastian Brinkmann hat schon Chefinnen gehabt und jetzt auch zwei Kolleginnen in der Ressortleitung der Wirtschaftsredaktion. Gemeinsam versuchen sie, immer wieder auch den weiblichen Blick in Debatten einzubringen.

(Foto: Sonja Marzoner)

Bei der Auswertung der Paradise Papers wurden erhöhte Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Also Online-Tools zur Projektplanung verwenden? Auf keinen Fall! Bastian Brinkmann erzählt, wie konspirativ gearbeitet werden musste.

Von Bastian Brinkmann

Dass die Paradise Papers erschienen sind, ist auch einem grünen Stift zu verdanken. Mit dem Marker in der Hand stand ich jeden Morgen um neun Uhr vor einem nicht einmal zwei Meter breiten Whiteboard in unserem zentralen Projektraum, den Kollegen für ein paar Wochen ausgeliehen hatten. Die Glastür hatten wir mit Papier abgeklebt, damit Besucher und Kollegen (sorry!) nicht sehen, was wir machen.

35 Geschichten hatte ich untereinander aufgereiht, jeden Morgen dokumentierten wir den Fortschritt: Was ist noch in der Recherche? Was wird gerade geschrieben? Was ist schon beim Textchef? Wurden schon im Mehr-Augen-Prinzip die Verweise auf die geheimen Unterlagen im Text kontrolliert? War der Text schon in der Schlussredaktion, um wirklich den letzten Fehler zu finden?

Für jeden Themenkomplex haben wir außerdem die möglichen Facebook-Posts und Videos geplant und besprochen. Auch der Fortschritt der Erklärgrafiken für die Papier- und die digitale Ausgabe stand auf dem Board, ebenso wie die Online-Versionen der aufwendig gebauten Digitaltexte. Und ist der Text eigentlich schon in der Übersetzung?

Jeden Morgen wurde mit dem grünen Marker abgehakt, wie weit wir gekommen sind. Eigentlich gibt es clevere Online-Angebote, die so eine große Projektsteuerung schön gliedern. Da steht direkt, wer was macht, die Leute bekommen automatisch To-do-Listen und können sie abhaken. Und ich hätte nur schauen müssen, wie die Liste auf dem Computerbildschirm stetig grüner wird. Aber eine Lösung im Internet wäre ein Sicherheitsrisiko gewesen, also haben wir das Offline-Board genommen. Direkt nach der Veröffentlichung war der grüne Stift übrigens passenderweise leer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: