SZ-Werkstatt:From Germany? Great!

USA-Korrespondent Nicolas Richter beschreibt sein Leben in einem Land, in dem viele die Deutschen toll finden. Aber die "Süddeutsche"?

Von Nicolas Richter

Arbeitet man für eine sehr ausländisch klingende Organisation wie zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung, erhält man in Washington drei Arten von Antworten auf Gesprächsanfragen. Eins: gar keine Antwort. Zwei: "Zurzeit geht es leider nicht." Drei: "Ihr Projekt klingt unglaublich interessant, wir prüfen mal den Terminkalender von Herrn oder Frau sowieso und melden uns." Darin liegt diese verschlüsselte Botschaft: "Zurzeit geht es nicht, und rufen Sie bitte nicht wieder an, denn in Zukunft geht es genauso wenig."

Als Auslandskorrespondent darf man diese Rückschläge nicht persönlich nehmen. Spricht man in der englischsprachigen Welt das Wortpaar Süddeutsche Zeitung aus, klingt das so vertrauenserweckend, als sagte man unter Deutschsprachigen so etwas wie "unconditional surrender". Außerdem ist Washington eine Stadt für überwiegend bis ausschließlich interessengetriebene Menschen. Sind sie im politischen Betrieb tätig, was fast alle sind, teilen sie ihre Zeit danach ein, ob sie mit ihrem Tun entweder Wähler oder Spender erreichen. Durch Interviews mit europäischen Gazetten erreicht man weder Wähler noch Spender.

Umso näher kommt man den Politikern dagegen, wenn man die Hauptstadt verlässt und mit ihnen durch die Provinz reist, wo sie im Wahlkampf für die Präsidentschaft ohnehin die meiste Zeit verbringen. Dort mischen sie sich erstaunlich unerschrocken unter das Volk, schießen Selfies, signieren Bücher, probieren schwer verdauliche Gerichte. Man kann sie inmitten ihrer Fans aus nächster Nähe beobachten, ihnen Fragen zurufen, und ihnen sogar, wenn man richtig steht, die Hand schütteln. Den Namen seiner Organisation behält man dann lieber für sich. Die Nähe entsteht ja ohnehin nur deswegen, weil sie einen für einen möglichen Wähler halten.

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