SZ-Werkstatt:Dinieren nach Verteilungsschlüssel

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Marten Rolff, 45, betreut für die Redaktion Gesellschaft und Wochenende die "Samstagsküche" und den "Lokaltermin". (Foto: Alessandra Schellnegger)

Jede Woche eine Restaurant-Kritik. Nur wo? Marten Rolff erklärt, wie die Lokalitäten für den "Lokaltermin" im "Stil"-Teil am Wochenende ausgesucht werden.

Von Marten Rolff

Marten Rolff erklärt, wie der "Lokaltermin" im "Stil"-Teil am Wochenende zustande kommt:

"Die häufigste Frage, die mir als Restaurant-Kritiker gestellt wird, lautet: Warum habt ihr ausgerechnet dieses Lokal besucht? Verständlich bei nur einem Test pro Woche. Bei Tausenden möglichen Adressen, bei Millionen interessierten Essern, die heute auf einschlägigen Foren - oft durchaus kundig - gern selbst ihren Lieblingsitaliener um die Ecke loben. Da findet der Münchner eben, es sei zu oft Köln im Blatt, und der Berliner fragt sich, warum schon wieder Hamburg dran ist.

Ich erkläre dann, dass es da sogar eine Art Verteilungsschlüssel gibt. Mindestens 80 Prozent der vorgestellten Restaurants sollen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz liegen, höchstens 20 Prozent in anderen Ländern. Im Team sind sieben Kritiker, einige von ihnen ausgebildete Köche, die alle eine bestimmte Region im Blick haben und einigermaßen der Reihe nach drankommen. Ein Restaurant, das sie auswählen, sollte idealerweise für mehr stehen als für sein Tagesmenü. Für einen neuen Küchenstil oder für eine besondere Entwicklung. Kurzum: Es muss eine Geschichte erzählen. Da kann es ebenso um die beliebteste Döner-Bude Berlins gehen wie um einen Pizzabäcker, der seit 15 Jahren am idealen Teig arbeitet oder einen französischen Starkoch, der eine Deutschlandfiliale eröffnet.

Ja, kann man das denn alles vergleichen, lautet meist die nächste Frage. Natürlich nicht direkt. Aber man kann es einordnen und zu Vergleichbarem in Beziehung setzen. Ein verantwortungsvoller Kritiker wird das Lokal dann mit einem klaren Urteil verlassen, aber immer auch mit einem Rest Unsicherheit: Was wiegt schwerer, die tolle Atmosphäre oder der handwerkliche Fehler beim Fleischanbraten? Ob er nun Döner, Pizza oder Hummer gegessen hat, so lautet übrigens die erste Frage nach der Rückkehr in der Redaktion immer gleich: Und, wie viele Sterne waren es diesmal? Auch verständlich, die Gourmetküche ist ja auch faszinierend. Aber ganz unter uns: Sie ist deutlich seltener Thema, als viele meinen."

Marten Rolff, 45, schreibt seit 2001 für die SZ. Seit 2010 widmet er sich verstärkt kulinarischen Themen. Für die Redaktion Gesellschaft und Wochenende betreut er die "Samstagsküche" und den "Lokaltermin".

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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