Sprachlabor:Verdächtiges "demnach"

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Nach landläufigem Verständnis des Konjunktionaladverbs "demnach" wird damit eine Konstellation aus Ursache und Wirkung beschrieben. Wer "demnach" falsch verwendet, entstellt also den Sinn. So zum Beispiel in einem Satz über einen Tatverdächtigen.

Von Hermann Unterstöger

EIN TATVERDÄCHTIGER wurde bei uns so beschrieben: "Mit der Besitzerin des Dreiseithofs, der zum Verkauf steht, soll er verwandt sein. Sein Komplize arbeitete demnach als Edelmetall-Händler in Dresden." Nach landläufigem Verständnis des Konjunktionaladverbs demnach heißt das, dass der Komplize mit Edelmetall handelte, weil er mit der Dreiseithofbesitzerin verwandt ist, eine für Leser K. irritierende Konstellation aus Ursache und Wirkung. Herr K. leidet unter der "seuchenartigen Ausbreitung" dieses Wortes und fordert demnach , demnach völlig und für immer zu streichen. Da sei Gott vor; richtiger Gebrauch reicht aus.

NOCH EIN SATZ, der sehr zu denken gibt: "Die Eisenstraße hinter dem Düsseldorfer Hauptbahnhof ist so etwas wie die Grenze zwischen jenem Teil des Viertels Oberbilk, das schon ein wenig durchgentrifiziert wurde, in dem neue Bars und Läden in die alten Häuser gezogen sind." In seiner quälenden Unvollständigkeit ähnelt er der alten Scherzfrage: "Was ist der Unterschied zwischen einer Henne?" Leser Sch. weitet die Sache ins Metaphysische aus, fühlt sich gar an die Coincidentia oppositorum erinnert. Auch übertrieben, aber vielleicht weiß man wenigstens in Düsseldorf, zwischen was außer Oberbilk die Eisenstraße noch die Grenze ist. (Der Unterschied zwischen einer Henne ist übrigens der, dass beide Beine gleich lang sind, besonders das linke.)

"UNERBITTERLICH" sage man zu Knödeln aus mehreren Semmeln "Semmelnknödeln". So Karl Valentin. Ähnlich unerbitterlich besteht Leser E. darauf, dass insofern mit als weiterzuführen ist, und man kann das insofern nur bekräftigen, als es geschrieben steht. Die Weiterführung mit dass ist trotzdem verbreitet und zählt mit der Gleichsetzung von schadlos und unbeschadet, mit dem falschen Gebrauch des Wortes Brandschatzung und mit der Verwechslung von geschliffen und geschleift zu den Fehlern, ohne die unser Leben ärmer, zumindest gleichförmiger wäre.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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