Sprachlabor:Lohnenswert? Nein

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Bereits zum dritten Mal beschäftigt sich Hermann Unterstöger in seiner Kolumne mit falschen Wörtern, die auf -wert oder -bar enden. Alles vergebens!

Von Hermann Unterstöger

LAUT ELEKTRONISCHEM ARCHIV verwenden die deutschen Medien das Wort lohnenswert immer öfter: Das Jahr 2000 brachte es auf 46 Treffer, 2008 auf 153, 2015 auf 324, und bis Mitte Mai 2016 lagen schon 119 Treffer vor, was eine ähnlich reiche Ernte erwarten lässt. Leser W. hält das Wort für unsinnig, Leser Dr. D. findet, dass es abgewatscht gehöre, und man darf annehmen, dass viele Leser ihm darin zustimmen. Bereits zum dritten Mal haben wir dieses Thema im Labor, ein vergleichsweise sicherer Beleg für die Vergeblichkeit all unseres Tuns und Wirkens. Trotzdem hier noch einmal der Hinweis, dass Wortableitungen auf -wert genauso wie die auf -bar in der Masse der Fälle ein transitives, passivfähiges Verb zur Basis haben. Bei lohnen finden wir den persönlichen Akkusativ nur noch in älteren Texten, etwa in Beethovens Chorfantasie: "Wenn sich Lieb und Kraft vermählen, lohnt den Menschen Göttergunst", was freilich auch ein Dativ Plural sein könnte. Kurioserweise wird das korrekt gebildete, vom transitiven belohnen abstammende Adjektiv belohnenswert so gut wie nie verwendet.

"MAN STOLPERT, muss zweimal lesen", schreibt Leser K., und wie es sich trifft, ist das Gebilde, über das er stolpert, in der Tat äußerst sperrig: "Mit Stacheldraht bewehrten Barrieren beschäftigt sich Tim Marshall nicht, das deutet bereits der Titel seines Buches an." So stand es in einer Buchbesprechung, und Herr K. verweist zu Recht darauf, dass die eine Präposition mit um eine zu wenig ist. Es hätte, so unschön es geklungen hätte, "Mit mit Stacheldraht bewehrten Barrieren" heißen müssen. Das erste mit hätte zu beschäftigt gehört, das zweite zu bewehrt, und alles wäre gut gewesen (sieht man davon ab, dass Stacheldrahtbarrieren meistens nicht gut sind). Dass Standardkomposita wie stacheldrahtbewehrt immer wieder auseinandergeschrieben werden, ist der Rechtschreibreform anzurechnen, obwohl deren § 36 (1.1) an der Zusammenschreibung keinen Zweifel aufkommen lässt.

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