UM DAS NEUE JAHR mit trocken Brot zu beginnen, so sei daran erinnert, dass Modalverben den Zweck haben, den Inhalt des Vollverbs zu modifizieren. Wenn Eile geboten ist, kann man das passend abtönen: Wir müssen/sollten/wollen uns beeilen. Unter den neueren Manierismen sticht der hervor, der Modalverben mit Substantiven verbindet. Die Fernsehsendung "Ich kann Kanzler!" hat hier so vorbildhaft gewirkt, dass Zeitungen das Muster übernommen haben: "Angela Merkel oder Martin Schulz - Wer kann besser Kanzler?" (Berliner Morgenpost). Bei uns hat sich die Marotte noch nicht eingebürgert, aber es gab einen Präzedenzfall im Feuilleton: "Karl Schmidt darf jetzt nur noch Kaffee und Zigaretten." Leserin B. und Leser H. konnten daraufhin nicht anders als Brief, wobei aus dem von Frau B. hervorging, dass das Phänomen nicht neu ist. Sie schrieb: "Mein Vater pflegte auf solche unvollständigen Sätze von uns Kindern - wie zum Beispiel ,Kann ich mal bitte die Butter' - zu fragen: ,Was? Aus dem Fenster werfen?'"
EINE ZIERDE ist das Wort Katholizität nicht, da hat unsere Leserin J. wohl recht. Ist es deswegen aber gleich eine, wie sie sagt, "pipimotive Saggazität"? (Was das wiederum ist, weiß auch kein Mensch, möglicherweise etwas Ähnliches wie das, wofür Karl Kraus den Begriff "verbroigter Loibusch" verwendete.) Das "Lexikon für Theologie und Kirche" widmet dem Terminus fast vier Spalten, worin es unter anderem heißt, dass die Katholizität eine eschatologische Komponente und die Tendenz zu raum-zeitlicher Universalität habe. Wenn das pipimotiv ist!
UND DAS WORT "NAHBAR"? Es geistert seit einiger Zeit durch Texte, die von Zuwendung, Fürsorglichkeit und - auch so ein Wort - Achtsamkeit geprägt sind. Bei uns hieß es jetzt, Nina Ruge habe "nahbar" von ihrer schwierigen Kindheit berichtet. Bei allem Respekt vor der Behutsamkeit, die sich da offenbart, sei angemerkt, dass zu viel Nähe zu Verschwitztheit führt.