Restaurants:Ohne Grüß-Gott-Onkel

Ein Plädoyer für Platzanweiser in Restaurants ist bei manchen Lesern nicht gut angekommen. Sie wollen lieber weiter fragen: "Ist da frei?" Und sich selbst einen Platz im Restaurant aussuchen. Das sei für sie Gemütlichkeit.

"Da ist doch frei" vom 30. September/1. Oktober:

Der Verfasser offenbart mit seinem Artikel darüber, dass sich in Deutschland der Gast in einem Restaurant "eigenmächtig" seinen Tisch aussuchen kann, eine Nichtkenntnis deutscher Restaurantkultur. Wir leben in Europa und nicht in den USA, wo Platzanweiser für einen Hungerlohn scheißfreundlich sein müssen.

Er verkennt dazu zwei grundlegende Dinge in unserer "normalen" Gastronomie:

1. Dass ein Tischanweiser einen nicht unerheblichen Kostenfaktor darstellt, der sich bei Speis und Trank niederschlägt.

2. Dass es schön ist, wenn sich bei uns ein Gast einen Platz aussuchen kann, der ihm gefällt. Er soll sich schließlich im Restaurant wohlfühlen. Was soll da so verkehrt sein? Einen Grüß-Gott-Onkel, der einem eintretenden Gast nur einen Platz zuweist, brauchen wir nicht. Ein Platzanweiser muss nämlich ein sehr kommunikativer Typ sein, der dem Gast mehr als ein "Herzlich willkommen" entgegenbringt. Er muss in der Lage sein, dem Gast schon eine besondere Vorfreude zu vermitteln. Doch wo findet man solche Mitarbeiter bei uns? Unser Arbeitsmarkt gibt das nicht her.

Ich finde es recht angenehm, wenn ich mich an einen mir genehmen Tisch hinsetzen kann, auch wenn an ihm bereits andere Gäste sitzen. Das ist sympathische süddeutsche, vor allem bayerische Restaurant-/Wirtshaus- und Kneipenkultur. In Norddeutschland würde ich mich allerdings anders verhalten. Also: Hände weg von einem hier gestelzt und aufgesetzt wirkenden Platzzuweiser-Import. Bernd Broßmann, Neubiberg

Dann lieber "unterentwickelt"

Lasst uns hier in Deutschland unsere eigenen Sitten und Gebräuche - wir müssen ja auch in den USA respektieren, dass man in vielen Lokalen seinen Wein selbst mitbringen muss, weil das Lokal keine Lizenz dafür hat. Muss jetzt auch noch das Essengehen schwierig werden? Wenn es erstrebenswert sein soll, dass Essengehen "anstrengend" wird, dann esse ich lieber "unterentwickelt". Und welcher Wirt sich für einen derartigen Irrsinn entscheidet, der kann das ja machen - aber bitte nicht generalisieren. Der normale Bürger hat in seinem ganz normalen Leben schon genug mit "anstrengenden" Problemen zu tun (Bürokratie, Telekommunikationsdienste, Rauchverbote). Fragen wir hier einfach: "Ist da noch frei?" - das ist relativ unkompliziert. Richard Mayr, Pullach

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: