Rente:Das vierte Gebot - und seine Umsetzung

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"Du sollst Vater und Mutter ehren" - so steht es in der Bibel. Leser halten das auch für richtig und weisen auf die steigende Altersarmut hin. Es werde zu viel davon geredet, doch bitte die Jungen nicht zu sehr zu belasten.

"Die Rente ist sicher, noch" vom 27. Juni, "Die Last der Jungen" vom 9. Juni und "Schulz verspricht eine verlässliche Rente" vom 8. Juni:

Gegen die Altersdiskriminierung

Die eine Partei hat zur Rente Ideen - und die andere Partei sitzt es aus. Schon unter Bundeskanzler Helmut Kohl wurde vieles in der Wirtschaft ausgesessen, was dann die SPD mit den Grünen unter Kanzler Gerhard Schröder veranlasste, die Agenda 2010 mit ihren Änderungen im Rentensystem zu beschließen. Diese Agenda 2010 enthält viele gute Entscheidungen, die in der damaligen Krise halfen.

Mit Ihrer Überschrift in der Printausgabe "Die Last der Jungen" tun Sie so, als hätte die jetzige Rentnergeneration nicht 30 Jahre die Last getragen. Wie lautet noch das vierte Gebot der Christen? "Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es dir wohl ergehe." Wenn die FDP klar auf den Schutz der Jungen setzt und eine "Belastungsgrenze" im Grundgesetz fordert, die Steuer- und Abgabenerhöhungen ein Limit setzt und so die private Altersvorsorge erleichtert, dann begehen diese Personen Altersdiskriminierung. Ach ja, die gilt ja nur am Arbeitsplatz. Und wie gut eine private Altersversorgung funktioniert, wird uns gerade bei Riester- und Rürup-Rente vorgeführt. Diethard Linck, München

Magisches Dreieck

Auch das neue Rentenkonzept der SPD zeigt, dass die Rente letztlich von den im Erwerbsleben Stehenden (die sogenannte "junge Generation") aufgebracht werden muss. Das gilt nämlich nicht nur für die Beiträge, sondern auch für den Demografiezuschuss aus Steuergeldern. Die seit Langem geforderte und sozialpolitisch notwendige Einbeziehung von Selbstständigen bringt nur vorübergehend eine Entlastung, weil ihren Beiträgen nach dem Äquivalenzprinzip entsprechende Rentenansprüche gegenüberstehen. Auf die Dauer ist dies eine Nullsummenrechnung. Eine Entlastung würde durch eine Erhöhung der Altersgrenze entstehen. Verzichtet man auf sie, sind entsprechend höhere Beitrags- oder Steuereinnahmen erforderlich. Wie auch immer der angekündigte neue Generationenvertrag aussehen mag: Im Endeffekt kann auch in ihm das magische Dreieck "Rentenniveau - Steuer- und Beitragseinnahmen - Renteneintrittsalter" nicht ignoriert werden. Wenn ein bestimmtes Rentenniveau und ein bestimmtes Renteneintrittsalter erreicht werden soll, müssen die "Jungen" entsprechend zahlen. Das war schon immer so - selbst in wirtschaftlich schlechten Zeiten.

Die "junge Generation" wird übrigens auch nicht durch eine Kapitalvorsorge "verschont". Die aktuelle Rente muss sie nämlich mit einem aktuell aufzubringenden Zinsaufwand finanzieren. Udo Kruse, Hamburg

Beschämender Gang zum Amt

Das Rentenkonzept von Martin Schulz und der SPD bedeutet einen viel zu kleinen Wurf. Denn letztlich werden hier vornehmlich jüngere Menschen zusätzlich belastet, ohne aber wirklich etwas am zunehmenden Problem der Altersarmut zu beheben. Schließlich erfordert Letzteres weniger eine sogenannte Solidarrente, die im Übrigen immer noch auf einem sehr beschaulichen Niveau liegen würde, als vielmehr größere Reformen bei der Grundsicherung. Deshalb wird die Sozialdemokratie erst wieder an Glaubwürdigkeit bei ihrem ursprünglichen Markenkern zurückgewinnen, wenn sie in jenem Bereich auf echte Veränderungen drängt, wie zum Beispiel eine Mindestrente, die den beschämenden Gang von älteren Menschen zum Sozialamt ersetzt, die sich dort nicht selten für ihre Biografie rechtfertigen müssen. Zumal ein derartiger Weg gar nicht zwingend mit teuren Mehrausgaben verbunden sein müsste, da sich darüber auch viel Bürokratie einsparen ließe, sodass sich die öffentliche Hand wieder vermehrt den wichtigen Zukunftsthemen zuwenden kann. Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Gerade einmal 40 Prozent

Das Rentenniveau bis 2030 bei 48 Prozent stabilisieren, das klingt doch mal gut, könnte man meinen. Und als unkritischer Betrachter überkommt einen vielleicht sogar Sympathie für diesen Zukunftswurf der SPD. Aber 48 Prozent von was, dass ist hier die Frage. Ab Juli 2017 bekommt man für einen Rentenpunkt 31,77 Euro Monatsrente angerechnet. Bei Erreichen der Betragsbemessungsgrenze von 6350 Euro/Monat bekommt der Arbeitnehmer zwei volle Rentenpunkte. Unterstellt man nun diesen Monatslohn 45 Jahre lang, kommt eine Bruttorente von 2859,30 Euro heraus, und das entspricht aktuell einem Rentenniveau von 45 Prozent. Ein solche Annahme ist allerdings rein theoretischer Natur, da kein Arbeitnehmer (auch als Akademiker nicht) von Beginn seines Arbeitslebens an so viel Brutto verdient, geschweige denn eine lückenlose Erwerbsbiografie hat.

Realistischer ist die Rentenprognose an einem realem, mir bekannten Beispiel nachweisbar. Mit einer lückenlosen Erwerbsbiografie von 45 Jahren erhält ein Ingenieur circa 2550 Euro/Monat Bruttorente 2022. Das wiederum sind, bezogen auf die Beitragsbemessungsgrenze, gerade einmal 40 Prozent. Immer Brutto mit Brutto verglichen, da Renten ja steuer- und sozialversicherungspflichtig sind. Günter Raatz, Olching

Bis mindestens 2055 kalkulieren

Betrachtet man das Rentenpaket der SPD, welche nun populistisch auf die CDU einschlägt, so fällt einem die Laufzeit ein, nebst den Unsummen an Kosten, welche ohne guten Lauf der Wirtschaft nicht einzuspielen sind. Ab 2030 geht der geburtenstärkste Jahrgang mit 66 in die Rente gefolgt von den Jahrgängen 1965 bis 1970. Zuvor schlagen die Jahrgänge 1955 bis 1963 zu Buche. Das Rentenpaket der SPD ist also gar nicht durchdacht, da die Renten im Schnitt 20 Jahre bezahlt werden dürften. Ein Konzept kann nur dann seriös sein, wenn bis mindestens 2055 kalkuliert wird. Doch die wahren Kosten sollen verdeckt bleiben. Warum verzichten die Politiker nicht auf ihre exorbitanten Pensionen? SPD-Chef Martin Schulz sollte voranschreiten und nicht marktschreierisch falsche Erwartungen schüren. Dr. Marco van Gansewinkel, Düsseldorf

Besser als nichts

Wir brauchen für alle Rentner eine Rente von mindesten 1000 Euro netto plus gegebenenfalls Miete. Es sollten die jährlichen Anhebungen mit einem Festbeitrag erfolgen (zum Beispiel 30 Euro für jeden Rentner), das heißt die Rentensteigerung nimmt mit der Rentenhöhe ab. Alle Bürger in Deutschland, mit allen ihren Einkommensarten, müssen an der gesetzlichen Rente beteiligt und zu ihrer Finanzierung herangezogen werden. Die Beitragsbemessungsgrenzen gehören abgeschafft. Zweifellos, würde das SPD-Konzept umgesetzt, wäre das besser als nichts. Nur als zum Beispiel das letzte Mal die Erwerbsunfähigkeitsrentner ein klein wenig besser gestellt wurden, an der meiner Erinnerung auch die SPD beteiligt war, ging das groß durch die Presse. Doch dass das nur für Neuanträge galt, kam erst nach etlichen Wochen raus. Werner Leucht, Neckarsulm

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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