"Weitreichende Vollmachten" vom 2. Februar:
Der Holocaust setzte voraus, dass Einheimische in den besetzten Gebieten den Deutschen oder ihren Helfern meldeten, wer Jude war. Diese Feststellung schmälert nicht die Schuld Deutscher, weist aber darauf hin, dass auch andere schuldig wurden. Da etwa die Hälfte der im Holocaust umgebrachten Juden Polen waren, wurden damals auch viele Polen schuldig. Nationalisten leugnen gern diese Schuld. Wolfgang Maucksch, Herrieden
Tragisches Selbstbild
Wie ein kleines Kind mit seinem Radiergummi versucht Polens Regierung, mit diesem Gesetz historische Fakten ungeschehen zu machen, um das Selbstbild als Opfernation rein zu halten. Das ist doppelt tragisch: zum einen, weil es einer selbstkritischen und damit erst selbstbewussten Identität eines modernen Polen in einem gemeinsamen Europa zuwiderläuft. Zum anderen, weil das Verdrängte dann später umso stärker zu Tage treten wird. Dr. Klaus Neumann, München
Blick auf die Kollaborateure
Ich stimme der Aussage des emeritierten israelischen Geschichtsprofessors Schimon Redlich zu: "Eine Gesellschaft kann gleichzeitig Opfer sein und eine andere Gruppe zum Opfer machen". Polen habe während des Zweiten Weltkriegs unter der deutschen Besatzung gelitten, gleichzeitig habe es schwere Übergriffe von Polen auf Juden gegeben. "Trotzdem darf man nicht vergessen - die Deutschen waren die Haupttäter." Dieses unmissverständliche Bekenntnis darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in Osteuropa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhebliche Ausmaße eines Antisemitismus gegeben hat und dass auch Osteuropäer nicht selten mit den Nazis kollaborierten, wenn es um die Verfolgung und Ausrottung von Juden ging. An der deutschen Hauptschuld soll damit nicht gerüttelt werden; es soll nichts relativiert oder verharmlost werden an der deutschen Schuld am Holocaust. Doch es muss erlaubt sein, den Blick auf die Kollaborateure der Deutschen zu werfen, von denen es in Osteuropa nicht wenige gab und deren Geisteshaltung ebenfalls von einem massiven Antisemitismus gespeist wurde. Paul Haverkamp, Lingen